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Es ist die Zeit der großen Zahlen. Die Medien berichten darüber: Soundsoviele Milliarden für diesen oder jenen sicherlich sinnvollen Zweck. Näher gehen mir gerade andere, viel kleinere Beträge, die aber von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen werden – zu ihrem eigenen Schaden.
Ich habe viel mit den sogenannten "festen Freien" zu tun: Journalistinnen und Journalisten, die keine Anstellung haben, aber dennoch einen Großteil der Inhalte für Zeitungen und Radiosender produzieren. Ohne sie bliebe manche Radiostunde stumm, manche Zeitungsseite leer. Aber sie werden in der Regel schlecht bezahlt, vor allem sind sie kaum abgesichert, Altersarmut droht.
Lesen Sie hier, was ein einzelner Mensch gegen Armut tun kann
Die etablierten Medien, Qualitätszeitungen und öffentlich-rechtlicher Rundfunk, sind eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Zwischen Angestellten und Nicht-Angestellten klafft ein Graben. (Man könnte auch von einer Drei-Klassen-Gesellschaft sprechen, wenn man die prominenten Moderations- und Showstars sowie das Leitungspersonal hinzunimmt.) Von diesen Ungleichheiten aber erfährt man selten: Die Medien haben kein Interesse daran, die festen Freien sind meist vereinzelt.
Einige mögen sich selbst für eine Karriere als feste Freie entschieden haben, weil ihnen dies die Freiheit gab, auch andere Dinge zu tun. Die meisten hatten wahrscheinlich einfach Pech. Und dieses Pech wird von Tag zu Tag dunkler. Zeitungen und Sendeanstalten sind im Umbruch, vor allem in finanzieller Not. Sparen aber kann man am einfachsten bei den Nicht-Angestellten. Sie werden entlassen. Die inhaltliche Lücke soll dann – so der unfromme Wunsch – die Künstliche Intelligenz übernehmen, oder es werden einfach weniger Seiten gedruckt oder weniger Sendungen produziert.
Jetzt erzählte mir einer von ihnen, er habe von einem großen Sender, für den er seit langer Zeit wunderbare Sendungen produziert, einen Brief erhalten: Man wolle sich auf ein jüngeres Publikum konzentrieren, deshalb dürften Menschen über 65 Jahre nicht mehr mitarbeiten. Dabei ist es genau dies, was feste Freie tun müssen. Nach all den Jahren harter Arbeit erwartet die meisten eine winzige Rente. Anders als die Angestellten können sie gar nicht in den Ruhestand gehen. Ist das nicht eine doppelte Härte: Erst lässt man sie für kleines Geld einen Großteil der Inhalte herstellen, dann aber verbietet man ihnen die Weiterarbeit im höheren Alter, obwohl die Qualität immer noch stimmt?
Natürlich kenne ich mich in diesem Thema nicht gut aus, habe die Bilanzen und Prognosen nicht gelesen, die Strategiepapiere nicht wahrgenommen, verfüge über keine arbeitsrechtliche Expertise. Aber ich höre Geschichten von festen Freien, die ich ungerecht und beängstigend finde. Sie sollten das Publikum, zu dem ich mich zähle, interessieren. Denn hier geht es um das Schicksal von Menschen, deren Arbeit wir viel verdanken, und um die Qualität dessen, was wir in Zukunft in Zeitungen und Radios vorfinden werden.
P.S.: Es gibt übrigens auch einen Berufsverband für freie Journalist*innen, die Freischreiber. Der Verein kämpft genau für das, was ich oben beschrieben habe.