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Klar kommt Ingrid Feuchtner mit ihrer Rente zurecht. Wer, wenn nicht sie? Die 72-jährige Münchnerin hat als junge Frau eine Hauswirtschaftslehre gemacht, in Hotels und Küchen gearbeitet und drei Töchter alleine großgezogen. Sie kauft die Kartoffeln im Sonderangebot und lagert den Wintermantel den Sommer über sorgfältig ein, damit der Stoff nicht bricht. Wenn sie die Enkelinnen von der Schule abholt, macht sie einen Bogen um Kino oder Eiscafé. Reisen sind nicht drin, auch keine Restaurantbesuche.
Einmal die Woche geht Ingrid Feuchtner zur Tafel, Schlange stehen für kostenlose Lebensmittel. Nach Abzug der Miete bleiben ihr 280 Euro zum Leben. "Das geht, ich kann haushalten. Es darf halt nichts dazwischenkommen." So wie vor vier Jahren, als ihre Vermieterin Eigenbedarf anmeldete und sie zwar eine andere Wohnung fand, aber keine Möbel hatte.
"Es geht um Würde"
Altersarmut ist schwer zu beziffern, aber rund 550 000 Menschen in Deutschland erhalten vom Staat "Grundsicherung im Alter", weil ihre Rente nicht den Lebensunterhalt deckt. "Die meisten haben gearbeitet, ein Leben lang. Wie kann es sein, dass sie sich jetzt das Nötigste vom Mund absparen müssen?", sagt Lydia Staltner, 60, die 2003 den Verein LichtBlick Seniorenhilfe gründete. Auch durch die Grundrente, die es ab 2021 geben soll, würde die Lage nicht viel besser, redet sich die Werbekauffrau in Rage, zumindest nicht in teuren Großstädten wie München.
LichtBlick unterstützt Menschen wie Ingrid Feuchtner in Notlagen. Mit einer neuen Waschmaschine, einer Brille, mit gemeinsamen Ausflügen oder Konzertbesuchen oder monatlich 35 Euro. "Es geht um Würde", sagt Staltner. Sie hat erst nach und nach begriffen, was Armut bedeutet. "Ganz am Anfang hat mir ein Schuhfabrikant 300 Paar Schuhe geschickt. Viele bedürftige Senioren wollten sich eines abholen. Aber am vereinbarten Tag – es war sehr regnerisch – sagte einer nach dem anderen ab. Erst am nächsten Vormittag kamen sie doch, und mir wurde der Grund klar: Ihre Schuhe waren allesamt kaputt – sie konnten nur bei trockenem Wetter auf die Straße gehen."
Ingrid Feuchtner erhielt Geld für eine Couch
Den Verein LichtBlick erreichen täglich fünf bis zehn Hilfsanträge. Tendenz steigend. Die Mitarbeiter in den drei Büros in München, Münster und Deggendorf prüfen Renten-, Grundsicherungs- oder Steuerbescheide. In den vergangenen drei Jahren unterstützte der Verein, sagt Lydia Staltner, rund 18 000 Rentner aus ganz Deutschland. Auch Ingrid Feuchtner. Sie erhielt nach ihrem Umzug Geld für eine Couch und einen Schrank. "Mit den Kleinen auf dem Sofa liegen und Bilderbücher angucken", sagt sie, "so schön, das zu erleben."
Mit 35 Euro monatlich können Sie Menschen, die im Alter bedürftig geworden sind, dauerhaft unterstützen:
LichtBlick Seniorenhilfe e. V.
Spendenkonto:
Sparda-Bank
IBAN: DE30 7009 0500 0004 9010 10
Stichwort: chrismon
Rückfragen unter: 089/67971010