Im kleinen Österreich haben sie gerade exakt nachgezählt: Nur noch 5300 Journalisten gibt es in der Alpenrepublik, um ein Viertel ist diese Zahl gesunken in den vergangenen zwölf Jahren. Gleichzeitig haben PR-Beraterinnen und Pressesprecher Hochkonjunktur, im Jargon: Message Control. So nennt der alerte österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz seine hochprofessionelle Pressearbeit.
Und bei uns? Stammen die letzten seriösen Zahlen von 2015, weisen aber die gleiche Tendenz auf: Von 54 000 auf 41 000 ist die Zahl der hauptberuflichen Journalisten innerhalb von 20 Jahren gesunken, so der Forscher Siegfried Weischenberg im vergangenen Oktober auf der großen Tagung "Journalismus auf guten Wegen?". Dasselbe Bild in den USA. Besonders schnell sinkt die Zahl der Freiberufler – sie hat sich fast halbiert.
Na und? Es gibt ja auch weniger Metzger und weniger Bankerinnen. Sind wir Medienleute nur narzisstisch gekränkt, dass junge Leute nicht mehr in Verzückung geraten, wenn wir ihnen vom schönsten Beruf der Welt erzählen? Wenn sie lieber Influencerin werden wollen als Investigativreporter? Ja, schon. Aber weniger Journalisten bedeutet auch: weniger Kontrolle der Mächtigen. Wir brauchen Qualitätsjournalismus, sagte gerade der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm: "Gatekeeper, die uns an der Hand nehmen und zeigen: Auf die Information kannst du dich verlassen." Das koste Geld, fügte er hinzu. Und genau daher rührt der rasante Sinkflug der Journalistenzahlen: Verlage sind in der Existenzkrise, seitdem das Anzeigengeschäft ausgewandert ist ins Internet und in die sozialen Medien.
Also haben sie weniger Geld, gute Journalisten für teure Recherchen zu bezahlen. Übrigens wollen immer noch viele junge Menschen "was mit Medien" machen. Sie landen nur viel häufiger als früher auf der anderen Seite des Schreibtischs. Bei der Message Control. Im "Newsroom" der Ministerien oder der Großkonzerne. Heißt echt so und macht genau das: fertige Meldungen und bunte Geschichten produzieren, die manche Redaktionen, stark ausgedünnt durch die Medienkrise, auch noch genau so übernehmen. Die aber verkappte PR sind. Drum ist es mehr als Narzissmus, wenn wir Journalistinnen um unseren Berufsstand bangen. Wir werden gebraucht. Mehr denn je.