Vor wenigen Tagen haben die großen Ferien begonnen. Der Sommer ist noch lang und vielversprechend, die Schule für ein paar Wochen nur eine unscharfe Erinnerung. 35 Kinder zwischen 11 und 18 Jahren starten heute in ihr Surfcamp: sieben Tage ohne Eltern, sieben Tage mit täglich zwei Unterrichtseinheiten im Windsurfen. Sieben Abende mit Rallye und Lagerfeuer und (fast) ohne Handys. Einige kennen sich schon, viele treffen heute das erste Mal aufeinander.
Geschrei und Platschen, Lachen und Rufen: Zwischen vielen anderen Kindern versucht Jana, sich auf ihrem wackeligen Brett zu halten. Ihr rotes Leibchen weist sie als Anfängerin aus. Nach ein paar Stürzen hat sie es schließlich geschafft: Für Sekunden hält sie das Gleichgewicht, dann fällt sie rückwärts ins Wasser, die Augen weit aufgerissen.
Ben ist 13 und so dünn, dass er sich ohne Probleme in den engen Neoprenanzug quetschen kann. Er kann schon ein bisschen surfen, trotzdem ist er aufgeregt und reißt einen Witz nach dem anderen. Jehor hört nicht zu. Alleine sitzt er im Schatten unter einem niedrigen Baum und wirkt so, als würden die anderen ihn gar nicht interessieren. Reglos schaut er auf das Schilf.
Beim Surfen Grenzen überwinden
Der 15-jährige Jehor ist schon zum dritten Mal dabei. In der Ukraine war er Jugendmeister im Standardtanz, auf Rügen hat er keine Tanzschule gefunden. Vielleicht tanzt er darum so virtuos mit seinem Brett auf dem Wasser, er surft schon im zweiten Jahr bei den Besten mit. Aber einen Freund hat er hier nicht. Er sagt, dass er es nicht so leicht findet, neue Leute kennenzulernen. 2022 ist er mit seiner Mutter und der Zwillingsschwester, die auch am Camp teilnimmt, aus der Ukraine geflüchtet. Im März kamen sie an, drei Monate später, im Juli, standen sie das erste Mal hier auf den Brettern.
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