Freunde im Boot
Monika Aichele
Freunde finden
Sie können das allein?
Sie brauchen keine Freunde ‒ oder Sie haben genug? Dann ist es ja gut. Für alle anderen gibt’s hier Tipps: Wie man welche findet, wie man sie pflegt. Und warum Frauen es damit leichter haben
Tim Wegner
Aktualisiert am 16.05.2024
9Min

chrismon: Wie viele Freunde haben Sie?

Wolfgang Krüger: Viele. Ich habe zunächst mal einen besten Freund, wir treffen uns jeden Samstag in einem Café, dann reden wir mindestens anderthalb Stunden mit­­ei­nander, und zwar über alles. Außerdem ha­be ich mehrere gute Frauenfreundschaf­ten, vor allem mit zwei Freundinnen tausche ich mich recht regelmäßig aus. Und dann habe ich an die 20 Durchschnittsfreundschaf­ten, mit diesen Menschen treffe ich mich gerne, würde ihnen aber nicht alles erzählen.

Warum suchen Sie trotzdem ständig nach neuen Freunden?

Weil ich sehe, dass der Freundeskreis kleiner wird, je älter man wird. Manche Freunde sind schon gestorben, andere weggezogen, einige fangen im Alter an, Menschen zu meiden. Und es gibt Freundschaften, aus denen die Luft raus ist. Man muss also immer wieder neue Freunde finden.

Schon ab 30 schrumpft der Freundeskreis. Warum eigentlich?

Solange wir in Kindergarten, Schule, Aus­bildung, Studium sind, sind wir in festen Gruppen. Wir begegnen dort den immer gleichen Menschen. Da haben auch Schüchterne Freundschaften. Schwierig wird es nach der Ausbildung, da muss man selbst die Initiative ergreifen, um Freunde zu finden. Und zwischen 30 und 45 stehen Liebe, Familie, Karriere im Vordergrund, Freundschaften fallen oft hinten runter.

In Umfragen zeigt sich rund die Hälfte der Leute unzufrieden mit ihren Freundschaften: Da sei zu wenig Nähe, und man fühlt sich unverstanden.

Oft sind die Freundschaften verflacht. Weil man nicht über die Konflikte gesprochen hat, die es in jeder Freundschaft irgendwann gibt. Weil man zu wenig Zeit investiert hat. Oder weil man mit sich selbst keine Freundschaft hat – wenn man nur so durchs Leben rauscht, ohne auch mal über sich nachzudenken, dann kann man auch der Freundin, dem Freund nicht gut zuhören, sie nicht verstehen in ihren vielleicht auch mal unangepassten Gedanken und in ihren Empfindlichkeiten.

Angenommen, ich habe einfach zu wenig Zeit investiert...

Zwei, drei Stunden die Woche sollte man reservieren für seine Freundschaften. So wie man sich Zeit für die Fitness reserviert. Wir sehen Freundschaften gern als Luxus, den wir uns erst dann leisten, wenn wir den Strudel des Alltags bewältigt ­haben. Dabei wird man reich beschenkt! Meine Freundschaften machen mich ausgegliche­ner, selbstbewusster, glücklicher. Auch deshalb habe ich viel Zeit, Kraft und Ideen in meine Freundschaften investiert.

Die Zeit habe ich mir womöglich nicht ­genommen, über Jahre nicht, und nun habe ich lauter lauwarme oder verflachte Freundschaften – was tun?

Erst einmal verschaffen Sie sich eine Übersicht über die Art Ihrer Freundschaften. Gibt es Herzensfreundschaften darunter? Das sind die, wo man wirklich über sich selbst spricht und nicht nur über das gemeinsame Dritte – den Chef, die Kinder... Da ist man wirklich an der Entwicklung des anderen interessiert. Dann gibt es noch die Vitamin-B-Freundschaften, da geht es vor allem um wechselseitigen Nutzen; es gibt natürlich auch die Freizeitfreundschaf­ten, Gruppenfreundschaften und andere alltägliche Freundschaften, wo einen gemeinsame Interessen verbinden, und sei es die gemeinsame Not.

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Vielen Dank für den Artikel und die guten Impulse! Ich mag mit diesen Anregungen gerne mal wieder was riskieren in Sachen Freundschaft.
Die vielgepriesene "berufliche Flexibilität" funktioniert oft auch nur um den Preis, Freunde zurückzulassen. Da finde ich gemeinsame Urlaubsreisen eine tolle Gelegenheit alte Freundschaften mit frischen Erlebnissen in die Gegenwart zu holen.