Lernen von der Diakonie - Schwimmlehrerin
Lernen von der Diakonie - Schwimmlehrerin
Isabela Pacini
"Darauf vertrauen, dass das Wasser einen trägt"
Das Kind will in den Schwimmkurs – mit vier Jahren. Muss das überhaupt sein?
Portrait Hanna Lucassen, Redaktion chrismon, Redaktions-Portraits Maerz 2017Lena Uphoff
29.07.2019

Im Kindergarten wollen plötzlich alle in einen Schwimmkurs. Meine Nichte auch, aber sie ist erst vier. Ist das nicht viel zu früh?

Miriam Senf: Schwimmen lernt man am besten im gleichen Alter wie Rad fahren, mit sechs oder sieben Jahren. Davor sind Kondi­tion, Koordinations- und Durch­haltevermögen noch nicht so weit. Kleinere Kinder können aber in sogenannte Wassergewöhnungskurse gehen.

Miriam SenfIsabela Pacini

Miriam Senf

Heilerziehungspflegerin Miriam Senf leitet Schwimm-kurse bei der Vorwerker- Diakonie in Schleswig- Holstein.
Portrait Hanna Lucassen, Redaktion chrismon, Redaktions-Portraits Maerz 2017Lena Uphoff

Hanna Lucassen

Hanna Lucassen hat geschummelt, als sie vor etwa 40 Jahren ihren Freischwimmer in einer Husumer Badeanstalt machte. Schwimmen kann sie trotzdem gut.

Muss es denn später überhaupt ein Kurs sein? Ich könnte es ihr auch beibringen.

In der Gruppe gucken sich die Kinder viel voneinander ab und haben Spaß. Aber es geht auch ohne. Für das Seepferdchen fragen sie einfach den Bademeister, er kann die Prüfung abnehmen.

Fang ich mit Trockenübung an?

Nein. Gehen Sie zusammen ins Wasser, in dem die Kleine stehen kann. Bewegen Sie sich, spielen Sie Fangen oder Ball. So lange, ­bis sie sich sicher allein bewegt, Spritzer aushält, mit dem Kopf untertaucht. Dann kann sie mal versuchen, sich vom Rand abzustoßen und durchs Wasser zu gleiten. Oder wie ein Hund paddeln.

Brauchen wir Schwimmnudel, -flügel oder -brett?

Nein. Sie geben ihr den Halt, den sie braucht. Ihre Nichte kann sich mal auf den Rücken legen, Sie ­ziehen sie sanft am Kopf durchs Becken. Sie lernt zu vertrauen, dass das Wasser sie trägt. Das ist das Allerwichtigste. Die Schwimmstöße sind dann schnell gelernt.

Etwa 50 Prozent der Erwachsenen in Deutschland sagen, sie können nicht oder nur unsicher schwimmen. Woran liegt das?

Das sind mehr, als ich dachte! Allerdings: Meine Frauenkurse sind ­immer voll. Migrantinnen, in deren Heimat man nicht baden ging, wollen es jetzt wegen der Kinder lernen. Ältere deutsche Frauen, die nie Unterricht hatten, kommen, weil der Arzt es rät. Manche haben schlechte Erfahrungen gemacht, mussten springen oder tauchen, obwohl sie unsicher waren. Be­kamen keine Luft. Die Angst bleibt.

Können sie diese ablegen?

Ja, aber nicht nach Schema F. Mein Opa, der uns Geschwistern das Schwimmen beibrachte, sagte als Erstes: "Zeigt mir mal, was ihr schon könnt." Meine Schwester sprang von Rand, ich setzte mich auf den Boden des Beckens. Seine Methode finde ich immer noch gut: Jeder kann etwas, und damit fangen wir an.

Infobox

Inklusive Schwimmkurse, Aquafitness für Senioren, Wassergewöhnung für Babys – viele diakonische Einrichtungen haben Angebote für spezielle Zielgruppen.

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Ich schreibe sonst eigentlich keine Leserbriefe, trotz ausreichender Zeitungs- und Magazinlektüre. Allerdings hat mich der Artikel über das Schwimmenlernen sehr bewegt, so dass ich für mich den Artikel nicht einfach stehen lassen kann.

Die Meinung von Frau Senf kann ich nicht teilen, auch wenn ich nur Vater bin und keine Schwimmkurse gebe. Ich war aber mit meinem Sohn ab dem 6 Monat bei Babyschwimmen und gehe bis heute als Vater/Sohn Event mit ihm fast wöchentlich schwimmen, obwohl er mit 9 Jahren schneller schwimmt als ich.

Mein Sohn hatte mit 4 1/4 Jahren das Seepferdchen und mit 8 Jahren das Silberabzeichen. Nebenbei fuhr er mit 3 1/2 alleine Fahrrad. Dies alles freiwillig und weil wir Eltern ihn unterstützt haben und er auf sein Können und die Eltern vertrauen konnte.

Sicher gibt es Kinder, die etwas später sich das Schwimmen/Radeln zutrauen und/oder deren Eltern unsicher sind.

Zu lesen, dass dies Kinder erst mit 7-8 Jahren lernen sollten und damit Wünsche der Kinder unterdrückt werden sollen halte ich für nicht zeitgemäß und gefährlich, wenn man berücksichtigt, wie viele Kinder jedes Jahr ertrinken.

Ich hoffe wenigstens, dass die Autorin ihre eigenen Kinder nicht mit 4 Jahren schon zum Skifahren schickt.

Antwort auf von Michael Jamborek (nicht registriert)

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Sehr unvernünftig und gefährlich!

Die Aussagen der Autorin zum Thema "Schwimmen lernen" sind, verzeihen sie, scheinbar völlig aus der Luft gegriffen..Ich bin schockiert, auch durch die Tatsache dass mehr als die Hälfte der 10 jährigen heute nicht mehr richtig schwimmen können.

Ich selbst habe mit 5 Jahren 1968 meinen Frei- und Fahrtenschwimmer gemacht und für letzteres musste man damals schon 30 min schwimmen... Alle Kinder in dem Kurs in meinem Alter haben mindestens den Freischwimmer, 15 min schwimmen, bestanden.

Auch meine Kinder sind mit 4 bzw 5 Jahren gut geschwommen und haben ihr Bronze- und Silberabzeichen mit vielen anderen Kindern in einer Schwimmschule bestanden.

Der Artikel liest sich als ob jemand vor dem frühen Schwimmen lernen warmen wollte und reiht sich in die Helicoptermentalität vieler Eltern ein die ihren Kindern nichts mehr zutrauen und bis zum 6.Schuljahr bis vor die Schultür kutschieren.

Schwimmen lernen und können überlebenswichtig und kann nicht früh genug begonnen werden!

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chrismon ist bei Lieferung der ZEIT meine erste Lektüre, noch vor dem Magazin. Ausgabe 8/2019 war eine neuer Glanzpunkt, herzlichen Glückwunsch zu dieser Auswahl - bis auf zwei Berichte. Zum Schwimmen lernen ist Frau Senf nicht auf der Höhe der Zeit. So wie viele Kinder mit 4-5 Jahren in Begleitung ohne Hilfsräder Fahrradfahren können, nach koordinativem Training auf dem Laufrad ab 2 Jahren, so können Kinder in diesem Alter auch Schwimmen lernen, wenn das Wasser seit Beginn des Lebens selbstverständlich ist. Gerade für dieses Alter ist es vielen Eltern für den Urlaub am Wasser wichtig, um panische Reaktionen zu vermeiden - und die große Lernfähigkeit der Kinder unterstützt dies. Kinder sollten daher Schwimmen können, wenn sie in die Schule kommen, dann macht der Schwimmunterricht in der 2. oder 3. Klasse auch Sinn und wird nicht durch Nichtschwimmer beeinträchtigt. Kindergärten sind zum Schwimmen lernen die richtige Einrichtung, bereitet diesen aber durchaus organisatorische Probleme, die einer Lösung bedürfen. Der Artikel von Herrn Weitz zu „Religion für Einsteiger“ ist wie immer klug geschrieben und lässt doch ratlos zurück. Denn was die für unsere Zeit weltfremd erscheinenden Berichte der Bibel bedeuten können, steht im Artikel leider nicht.

Antwort auf von Joachim Hornuff (nicht registriert)

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Ich danke für diese kluge Einschätzung!
Eigentlich erwarte ich eine redaktionelle Stellungnahme der zu den wirklich sehr gefährlichen Äußerungen dieser *Schwimmlehrerin*. Es sollte ihren Mitarbeitern zu denken geben dass ein Interview so eindeutige Reaktionen hervorruft