Handyverbot an Schulen
Und was ist mit nachmittags?
Smartphones sind nützlich - aber für junge Menschen auch eine Gefahr. Nun plant Hessen ein Handyverbot in Schulen. Ist das sinnvoll oder Populismus? Ein Kommentar
Ein Verbotsschild am Eingang eines Schulgeländes in Stuttgart weist auf ein generelles Handyverbot hin.
Gibt es schon: An dieser Stuttgarter Schule sind Handys verboten - jedenfalls eingeschaltete
Michael Bihlmayer / Chromorange / picture alliance
Tim Wegner
25.03.2025
3Min

Diese Woche berät der Hessische Landtag über ein Handyverbot an Schulen. Es gilt als sicher, dass CDU und SPD das Schulgesetz in Hessen entsprechend ändern. Die Baden-Württembergische Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) denkt ebenfalls über Einschränkungen nach. Die Konferenz aller 16 Bildungsminister ist sich noch nicht einig, einen Flickenteppich an Regelungen wolle man aber vermeiden, heißt es.

Diesen Flickenteppich gibt es. Aber er schadet nicht. Denn bisher klären die Schulen selbst, wie sie mit dem Thema umgehen. In Deutschland gibt es mehr als 30.000 allgemeinbildende Schulen. Fast alle dürften Regeln zu Smartphones haben. Es ist mitnichten so, als hätten die Schulen die Herausforderungen übersehen oder als gäbe es Bundesländer mit ganz strengen oder ganz liberalen Bestimmungen.

Ein persönliches Beispiel: In der Grundschule, die mein Jüngster besucht, sind weder Handys noch Smartwatches erlaubt, also Uhren mit Internetzugang. Und in der weiterführenden Schule meiner Großen gilt: Auf dem Schulgelände müssen Handys ausgeschaltet sein. Wer sich nicht daran hält, dem wird das Handy abgenommen. Am Folgetag kann man es im Sekretariat abholen. Wer es noch am selben Tag zurückhaben möchte, muss Mama und Papa bitten, ins Sekretariat zu gehen. Das ist den Jugendlichen so peinlich, dass ich noch von keinen Eltern gehört habe, die diesen Gang auf Bitten ihrer Kinder machen mussten. Beide Schulen, von denen hier die Rede ist, sind in Frankfurt am Main – also in Hessen.

Wenn der Landtag in Hessen ein Handyverbot beschließt, wird sich für meine Kinder also nichts ändern. Aber viele Schulleitungen, Lehrerinnen und Lehrer und junge Menschen dürften sich bevormundet fühlen, weil die Politik es besser zu wissen meint als sie. Ich halte den hessischen Weg für Populismus und reine Symbolpolitik: Seht her, endlich tut jemand was und greift durch! Das ist wohl die Botschaft, die man sich erhofft. Und ja, es muss was passieren: Mehr als ein Viertel der jungen Menschen zwischen zehn und 17 Jahren haben ein riskantes bis krankhaftes Nutzungsverhalten sozialer Medien; fast fünf Prozent von ihnen gelten als abhängig.

Allerdings: Eben weil das Handy in vielen Schulen schon im Ranzen bleiben muss, schlägt die Smartphonesucht bei den meisten nachmittags und abends zu. Hier anzusetzen, ist aber sehr viel komplizierter, als ein Handyverbot in Schulen gesetzlich festzuschreiben. Ich bin ehrlich: Nach langen, anstrengenden Tagen unterliege auch ich der Versuchung, die Kinder "daddeln" zu lassen. Was unsere Kinder nachmittags und abends mit den Handys machen, dazu sagt das Gesetz nichts.

Smartphones aus den Schulen verbannen? Lesen Sie hier die Meinung von chrismon-Redakteur Konstantin Sacher

Kein Wunder: Aufklärungsarbeit, Prävention, Wissensvermittlung über die Macht der Algorithmen und der Künstlichen Intelligenz oder den guten Umgang im Netz – all das kostet Geld. Wir brauchen viel mehr Angebote, die unsere Kinder medienkompetenter machen, in den Schulen, aber auch außerhalb. Wir brauchen mehr gute, bezahlbare analoge Freizeitangebote, die Lust machen, das Handy aus den Händen zu legen. Wir müssen zum Beispiel Sportvereine stärken und ehrenamtliche Trainerinnen und Trainer ausbilden und wertschätzen, die Sport mit Jugendlichen machen.

Wer das Thema Mediennutzung nur mit Blick auf Schulen und Jugendliche diskutiert, macht es sich zudem auch in anderer Hinsicht viel zu leicht: Sicher, die kleinen Geräte sind das Eintrittstor in die Welt der Messenger und sozialen Netzwerke. Aber man redet Probleme wie Mobbing in Klassenchats nicht klein, wenn man darauf hinweist, dass auch Menschen über 18 Jahre sehr große Schwierigkeiten haben, sich in digitalen Räumen angemessen zu verhalten. Der Aufstieg der Demokratiefeinde ist schlicht nicht denkbar ohne Hass, Hetze und Falschbehauptungen im Netz. Und das waren nicht die Kinder, das waren wir Großen!

Smartphones und das Internet werden nicht verschwinden. Sie sind eine Versuchung, sich in digitalen Welten zu verlieren. Aber sie sind auch nützliche Hilfen. Ohne sie geht im Alltag nichts mehr. Sie gesetzlich aus den Schulen zu verbannen, sendet das Signal: Lernen könnt ihr damit nichts! Aber das stimmt nicht. Digital kompetent unterwegs zu sein, ist eine Bildungs- und Zukunftskompetenz für Jugendliche. Und für Erwachsene.

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