Erzieherin Iryna Khudenko mit Kindern im ukrainischen Kindergarten in Frankfurt am Main
Viktoriia Chernykova-Berezdetska/Amal Frankfurt Ukraine
Ukrainische Kindergärten
So gelingt die Integration
In vielen deutschen Städten sind die Kindergärten überfüllt und es herrscht Personalmangel. In Frankfurt am Main gibt es dank vieler Ehrenamtlicher gute Angebote für ukrainische Kinder
Lena Uphoff
03.06.2025
4Min

Stellen Sie sich vor: Sie kommen mit einem kleinen Kind in ein Land, in dem Sie keine Freunde, keine Bekannte, auch keine Wohnung und keine Arbeit haben. Vielen geflüchteten Familien aus der Ukraine geht es so.

Die Jobsuche oder der Besuch von Integrationskursen ist eine echte Herausforderung, wenn man ein kleines Kind hat, aber keinen Kindergartenplatz. Die Lösung? Kindergärten, ehrenamtlich organisiert von ebenfalls geflüchteten Menschen. In Frankfurt am Main engagieren sich viele Erzieherinnen ehrenamtlich und helfen so den Familien bei der Integration.

Da gibt es zum einen den Teilzeitkindergarten "Lewenya", 2022 in Kooperation mit dem katholischen Kindergarten St. Bonifatius gegründet. "Lewenya" heißt auf Deutsch: Löwenjunge. Es kommen Kinder von drei bis sechs Jahren, an vier Tagen in der Woche vormittags.

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Seit der Eröffnung von "Lewenya" haben mehr als 120 Kinder aus der Ukraine das Angebot wahrgenommen. Dies ist für ukrainische Eltern eine große Hilfe und auch für die Stadt, denn die Kindergärten sind überfüllt und es gibt zu wenig Fachkräfte. Deshalb ist der Kindergarten für die Übergangszeit gedacht, bis die Stadt Plätze in einem Regelkindergarten zur Verfügung stellt.

Die Betreuung übernehmen ukrainische Erzieherinnen, ehrenamtlich, in der Muttersprache natürlich, denn die kleinen Kinder sind noch viel zu unsicher für eine zweisprachige Betreuung. Die Kinder haben viel Spaß, drinnen wie draußen. Für alle Geflüchteten, die noch keine Arbeit haben, kostet der Kindergartenplatz nur 60 Euro pro Monat.

Wie Löwenjunge toben die Kinder in der Lewenya in Frankfurt

Und dann gibt es noch zwei Samstagskindergärten. Sie sollen dazu beitragen, dass die Kinder, unabhängig davon, wie lange sie schon in Deutschland leben, die Kultur ihrer ukrainischen Heimat nicht vergessen. Immer unterstützend dabei ist der "Ukrainische Verein Frankfurt am Main e.V.", über dessen gutes Wirken ich hier schon mal geschrieben habe.

Mich beeindruckt das ehrenamtliche Engagement der Erzieherinnen, die in Frankfurt in den Kindergärten arbeiten. Zum Beispiel Olga Shendryk. Von ihrer Ausbildung her ist sie Philologin und Volkskundlerin. Olga verfügt über mehr als 15 Jahre Erfahrung in Verlagen und Zeitschriften für Kinder sowie in privaten Kindergärten in Kyjiw. Sie kam im Frühjahr 2022 nach Deutschland (Frankfurt am Main). Olga erinnert sich, dass sie zunächst mit ihrer Tochter in einem Flüchtlingshotel untergebracht war. Es war eine sehr schwierige Zeit, in der sie Angst hatte, überhaupt auf die Straße oder in den Laden zu gehen, weil ihre Deutschkenntnisse gleich null waren. Dann beschloss Olga, die ukrainische Diaspora kennenzulernen, um sich schneller zu integrieren und einen Job zu finden. So lernte sie Roksolana Rakhletska (im Vorstand des Ukrainischen Vereins) kennen, die ihr eine Zusammenarbeit anbot.

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Auch Iryna Khudenko engagiert sich als Ehrenamtlerin. Sie stammt aus dem Dorf Moschtschun in der Kyjiw Region, das durch russische Militäraktionen schwer zerstört wurde. Iryna hatte nicht vor, ins Ausland zu gehen, aber ihr Mann und ihr Sohn, die beim Militär sind, bestanden darauf, dass sie mit ihrer Tochter ging. So kam sie im März 2022 nach Frankfurt. Sie konnte zwar kein Deutsch, verfügte aber über Erfahrung in der Arbeit mit Kindern im Alter von 3 bis 15 Jahren als Lehrerin für Sport, Tanz und Handarbeiten und hatte den großen Wunsch, nicht vom Jobcenter abhängig zu sein. Sie hatte Glück und wurde sehr schnell in einem deutschen Kindergarten eingestellt.

Der Anfang war schwierig, sie konnte ja noch kein Deutsch: "Die Arbeit mit Kindern ist meine Lieblingsbeschäftigung, und so habe auch ich Deutsch gelernt", erinnert sie sich. Mittlerweile arbeitet sie das dritte Jahr in einem deutschen Kindergarten - und ehrenamtlich im ukrainischen Kindergarten; ein "Ruf der Seele", sagt sie, denn der Kindergarten ist wie ein Stück ihrer Heimat in Deutschland. Iryna mag besonders kreative Aktivitäten mit Kleinen, da sich die Kinder dabei nicht nur entwickeln, sondern weil sie ihnen dabei auch etwas über ihre Heimatkultur erzählen kann.

Ich bin stolz auf meine Landsleute, die so ein großartiges Angebot möglich machen. Es geht ja nicht nur um Kinderbetreuung, sondern auch darum, unsere ukrainische Sprache und Kultur am Leben zu halten. Längst besuchen viele ukrainische Kinder reguläre Kindergärten, manche sind sogar hier geboren. Eine Freundin von mir aus Charkiw etwa kam nach Frankfurt, als ihre jüngste Tochter zwei Monate alt war. Mittlerweile spricht die Kleine fließend Deutsch und sieht die Ukraine (und auch ihren eigenen Vater) nur noch über das Telefon. Ihre Hauptsprache ist Deutsch.

Ich kenne viele solcher ukrainischen Kinder in Deutschland und bin beeindruckt davon, wie schnell sie sich hier integrieren. Und doch ist es wichtig, die eigenen Wurzeln zu kennen und zu verstehen. Schließlich sind sie ein wichtiger Teil unserer Persönlichkeit, auch wenn diese Kinder in Deutschland bleiben werden. Ich freue mich immer wieder über diese Initiativen, tragen sie doch dazu bei, dass wir Brücken zwischen unseren Ländern und Kulturen bauen.

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Kolumne

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Wer bin ich, wenn ich keine Heimatgefühle mehr habe? Was machen Krieg und Flüchtingsdasein mit mir? Darüber schreibt die ukrainisch-georgische Schriftstellerin Tamriko Sholi in Transitraum