Ich wurde 1943 geboren. Der Vater war ein Offizier der Wehrmacht, die Mutter eine gebürtige Belgierin, die im Rheinland arbeitete. Eine solche Verbindung hatte sicher kaum Chancen. Meine leibliche Mutter übergab mich im Alter von etwa drei Monaten einer mit ihr befreundeten Familie. Diese wiederum kannte ein Ehepaar, das keine Kinder bekommen konnte. Dieses Ehepaar nahm mich als Pflegekind an und hat mich vor der Einschulung, also etwa 1948/1949, adoptiert. Vorher war das wegen der desolaten Verhältnisse in den Behörden kaum möglich.
Dieses Ehepaar ist und bleibt auch nach ihrem Tod meine Eltern.
Ich wuchs sehr behütet auf. Als ich neun Jahre alt war, übernahmen meine Eltern ein Wandergewerbe, sie produzierten und verkauften auf den Jahrmärkten Eis und Süßigkeiten. Das führte dazu, dass ich jede Woche in der Saison eine andere Volksschule besuchte.
Aus heutiger Sicht finde ich interessant, dass ich nie darauf angesprochen wurde, dass meine Eltern nicht meine leiblichen Eltern waren. Weder von Spiel- und Schulkameraden noch von den Erwachsenen in meiner Umgebung. Dabei kannten alle meine Situation. Meine Eltern haben mir später erzählt, dass sie alle Leute, die mit mir in Berührung kamen, vorher gebeten haben, das Thema nicht anzusprechen.
Erst als ich 14 war, wurde ich durch Zufall darauf aufmerksam: Ich fand ein Sparbuch, das auf meinen "Mutternamen" ausgestellt war, und dann auch noch die Taufurkunde. Ich war weder erschrocken noch ärgerlich oder gar zornig und ging offen damit um. Ein sehr enger Schulkamerad hat mir einmal gesagt, er wäre in meiner Situation sofort von zu Hause fortgelaufen.
Volker Ittenbach
Ich war unendlich dankbar. Und wenn ich heute lese und gewahr werde, welche Verhältnisse zu meiner Kinderzeit in den diversen "Heimen" herrschten, ist die Dankbarkeit meinen Eltern gegenüber noch viel größer.
Niemals bin ich auf den Gedanken gekommen, meinen Erzeuger und meine leibliche Mutter zu suchen. Ich wollte sie nie kennenlernen. Bis heute sind meine Eltern die beiden Menschen, die mich angenommen haben und die mich ins Leben begleitet haben.
Mit größter Dankbarkeit und vielen Gebeten begleite ich diese wahrhaften Eltern. Nicht zu wissen, woher ich komme oder welche Krankheiten ich eventuell in meiner versteckt habe, hat mich nie interessiert.