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Wir lieben Kochbücher. Und sind – im wahrsten Sinne des Wortes – stets hungrig auf neue Themen und Trends: Jährlich werden in Deutschland rund 2000 neue Kochbücher auf den Markt gebracht.
Klar kann man auch ein Rezept googeln. Aber das ist wie Fast Food essen: Es bringt mich vielleicht schnell zum Ziel, hat aber mit Genuss nichts zu tun. Und oft kommt hinterher die Reue: Wenn eben irgendjemand irgendein Rezept online gestellt hat, das nicht getestet wurde, geschweige denn durch ein Lektorat ging. Zack, können Fehler enthalten sein, und das Kochen wird zum Frust.
Lesetipp: chrismon-Umfrage: Wo kommen Ihre Rezepte her?
Außerdem können Kochbücher entspannen. Beim Blättern entstehen Neugier und Vorfreude. Eine Freundin von mir studierte stundenlang Kochbücher - obwohl sie nie kochte. Der Running Gag zwischen ihr und ihrem Mann war: "Schatz, was gibt's denn heute bei uns nicht zu essen?"
Kein Wunder, dass kochbegeisterte Menschen davon träumen, selbst ein Kochbuch zu veröffentlichen. Mit der eigenen Leidenschaft Geld verdienen – klingt verlockend. Um ein Kochbuch zu schreiben, braucht es weder eine journalistische Qualifikation noch die Ausbildung zur Köchin. Wichtig ist ein gutes, innovatives Konzept, das eine ausreichend große Zielgruppe anspricht. Und natürlich muss man einen Verlag finden, der darin Potenzial sieht. Man kann das eigene Werk auch selbst verlegen – dafür muss man aber finanziell in Vorleistung gehen und trägt das Risiko, ob die Verkäufe die Investitionen wieder einspielen.
Als Tochter der erfahrenen Kochbuchautorin Bettina Matthaei habe ich nachgefragt, was zum Beruf noch so alles dazugehört.
Die Planungsphase
Welche Anforderungen stellt das Thema des Buches? Geht es um eine vollwertige Veggie-Küche, müssen Zutaten sorgsam nach Nährwerten und Verfügbarkeit/Jahreszeit ausgewählt werden. Denn ein Rezept soll ja auch ernährungstechnisch sinnvoll sein. "Diese Phase gleicht einer komplexen mathematischen Aufgabe", sagt meine Mutter. Strategisches Denken und Kreativität helfen dabei enorm.
Die Kombinationsphase
Ist die Vorauswahl der Haupt-Zutaten abgeschlossen, geht es ans Kombinieren: Welche Bestandteile passen zusammen? Welche Zutaten liefern die Proteine, welche die Ballaststoffe, welche bringen einen geschmacklichen Kick? "Ein neues Rezept muss zunächst einmal auf dem Papier funktionieren", sagt meine Mutter.
Die Einkaufs- und Kochphase
Danach wird eingekauft. "In der Kochphase nehme ich mir zwischen zwei und fünf Rezepte pro Tag vor", erzählt meine Mutter. Stringent werden die Rezepte in kleinen Mengen durchgekocht, dabei erfolgt das Feintuning. "Beim Abschmecken kommen oft noch tolle Ideen dazu. Kleinigkeiten wie Toppings oder Gewürze, die den Geschmack steigern." Der Notizblock liegt griffbereit. Auch das Handy: Auch wenn später Profis die Gerichte shooten, hält meine Mutter jedes Rezept als Foto fest, um eine Referenz zu haben.
Für mich und den Rest der Familie ist das der beste Part: Selbst wenn sie kleine Mengen kocht, kann meine Mutter unmöglich alles allein essen. Wir werden regelmäßig zum Testessen eingeladen oder mit doggy bags für zu Hause ausgestattet. Herrlich!
Die Korrekturphase
Das Manuskript ist abgegeben, der Kopf schon beim nächsten Projekt, dann kommen die Nachfragen vom Verlag: Hier bitte den Text kürzen, dort bitte zwei Rezepte ergänzen.
Die Veröffentlichung
Und dann ist er da: der Tag, an dem man sein Buch zum ersten Mal in den Händen hält, darin blättert, die schönen Rezeptbilder sieht: "Dieser Moment verliert auch nach vielen Jahren und mehreren eigenen Büchern nichts von seiner Magie", weiß meine Mutter. Ehrensache, dass wir in der Familie jedes Buch mit einem tollen Essen und einem guten Tropfen feiern.