Wenn’s schmeckt
Gesund und lecker: viele Kinder mögen Möhren
Cavan Images/plainpicture
Ernährung bei Kindern
Wenn’s schmeckt
Über Geschmack lässt sich streiten, aber die Ernährungsgewohnheiten meines Sohnes hinterlassen mich zunehmend ratlos
Tim Wegener
14.11.2024
3Min

Kinder und Essen ist ja so ein Thema, über das sich Eltern stundenlang austauschen können. Die einen Kinder sind überaus wählerisch und könnten sich wochenlang ausschließlich von Waffeln mit Nutella oder Nudeln mit Ketchup oder Waffeln mit Ketchup und Nudeln mit Nutella ernähren, die anderen futtern fröhlich vor sich hin und jammern, wenn es mal keine Snacks gibt.

Mein Sohn gehört eher zur zweiten Kategorie - mit dem erwähnenswerten Zusatz, dass er sich vor allem für Obst und Gemüse begeistert. Das trägt manchmal seltsame Früchte. Ziemlich buchstäblich. Vor zwei Wochen stolzierte er mit einem Snack in der Hand aus der Küche zu mir ins Wohnzimmer und biss immer wieder herzhaft in etwas, das ich von Weitem für einen knackigen Apfel hielt. Er kaute genüsslich auf großen Stücke herum.

Zu meiner Überraschung stellte es sich als (geschälte) rohe Zwiebel heraus, die er in einem unbemerkten Moment aus einer Schale gemopst hatte, als meine Frau am Kochen war. Anstatt sie nach einem Bissen angeekelt wegzuwerfen, biss er immer wieder kräftig zu bis er sie fast ganz aufgegessen hatte. Zwischenzeitlich liefen ihm schon Tränen übers Gesicht, aber er zog es tatsächlich durch und ließ sich auch nicht durch unsere irritierten Bemerkungen und verzogenen Gesichter abbringen.

Er kennt den Geschmack von Zwiebeln zwar schon, weil er gerne Krautsalat mampft, aber in dieser Direktheit fand ich es doch überraschend. Man braucht auch nicht versuchen, ihn mit einer Scheibe Zitrone zu ärgern. Die lutscht er genüsslich aus. Auch ansonsten ist sein Geschmack eher im Vitamin-C-Bereich anzusiedeln. Feinkost wie Oliven fischt er zielsicher aus dem Salat, bevor er sich auf die Tomaten stürzt.

Ebenso hat er schon mal einen ganzen Löffel Senf (mittelscharf) in sich reingeschaufelt ohne mit der Wimper zu zucken. Kurzzeitig haben meine Frau und ich uns gefragt, ob er vielleicht nicht so intensiv schmeckt. Aber es ist nicht so, als würde er alles essen. Kürbis zählt nicht zu seinen Favoriten. Auch andere Dinge, die er nicht mag, verschmäht er recht eindeutig oder spuckt sie wieder aus.

Das Kind findet (fast) alles lecker, was gesund ist

Ich fühle mich anderen Eltern gegenüber langsam schon schlecht, wenn sie lamentieren, wie schwierig es geworden ist, etwas passendes für ihren Nachwuchs zuzubereiten. Wir flitzen nur einmal durch Omas Gemüsegarten und das Kind ist glücklich.

Scheinbar findet er (fast) alles lecker, was wirklich gesund ist - und natürlich das, was wir Eltern auf dem Teller haben. Komischerweise tut er das, obwohl beispielsweise sein Vater (also ich, Anm. d. Red.) den Reizen der Glukose seit jeher erlegen ist. Nichts ist in größerer Gefahr vor mir als eine Tafel Schokolade, die bereitwillig auf meinem Schreibtisch liegt. Manchmal bin ich froh, dass Schokolade nicht gesund ist, sonst würde ich nicht viel anderes mehr essen.

Als mein Sohn jedoch einmal einen Strawberry Cheesecake probieren wollte, spuckte er die zuckrig-süße Masse unumwunden wieder auf den Teller. Da war ich kurz ein bisschen stolz. Und aß den Kuchen dann alleine auf. Trotzdem: Wenn das so weiter geht, sehe ich schon vor mir, wie er künftig von anderen Kindern ausgeschlossen wird, weil er auf Geburtstagsfeiern angewidert vor den Schokoküssen zurückweicht und stattdessen nach gedünstetem Kohlrabi fragt.

Wahrscheinlich stehe ich in ein paar Jahren bettelnd mit Süßigkeiten vor ihm und rufe: "Bitte iss doch auch mal ein Stück Karamell!", "Willst du nicht diese köstlichen Gummibärchen probieren? Mmmmh, schau mal, wie lecker!" Und er wird den Kopf abwenden und genüsslich an seinem Brokkoliröschen knabbern. Manchmal fällt der Apfel weit vom Stamm.

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.

Kolumne

Michael Güthlein
,
Konstantin Sacher

Michael Güthlein und Konstantin Sacher sind Väter: ein (1) und drei Kinder (10, 9, 6). Beide erzählen über ihr Rollenverständnis und ihre Abenteuer zwischen Kinderkrabbeln und Elternabend, zwischen Beikost und Ferienlager. Ihre Kolumne erscheint alle zwei Wochen; sie schreiben im Wechsel.