Buchtipps aus Norwegen und Island
Düstere Geschichten aus dem Norden
Zwei Geschwister sind in "Frühlingsnacht" von Tarjei Vesaas allein daheim und erhalten seltsamen Besuch. Und die Isländerin Ásta Sigurðardóttir zeigt menschliche Abgründe - einer wurde ihr Verderben.
Gunter Glücklich
14.05.2025
2Min

Eine bedrohliche Frühlingsnacht in Norwegen

Tarjei Vesaas: Frühlingsnacht. Guggolz Verlag, 238 Seiten, 25 Euro

Was es in den nordischen Literaturen für Entdeckungen zu ­machen gibt! Den einst für den Nobelpreis gehandelten Norweger Tarjei Vesaas (1897 – 1970) zum Beispiel, dessen beunruhigende, magische Prosa man nun auf Deutsch (wieder) lesen kann. "Frühlingsnacht", 1954 zuerst ­erschienen, erzählt von Geschwistern, dem vierzehnjährigen Hallstein und seiner vier Jahre älteren Schwester Sissel, die ein Wochenende allein zu Hause verbringen. Vor ihrer Haustür bleibt ein Auto stehen, dessen merkwürdige Insassen, darunter eine Hochschwangere, Unterschlupf erbitten – und binnen weniger Stunden ­alles auf den Kopf stellen. Ein bedrohliches Kammerspiel, eine faszinierende ­Erzählung von Geburt und Tod, die mit­unter so nah beisammenliegen.

Isländische Grenzgängerinnen

Ásta Sigurðardóttir: Streichhölzer. Guggolz Verlag, 221 Seiten, 24 Euro

Die Isländerin Ásta Sigurðardóttir (1930 – 1971) erzählt von nicht minder ­düs­teren Dingen. Als junges Mädchen nach Reykjavík gekommen, sorgte sie als grell geschminkte Bohemienne sofort für Furore und schrieb Texte, wie man sie bis­lang nicht kannte. Die Er­zählungen in "Streichhölzer" handeln von unkonventionellen Frauen, die von Männern als Freiwild angesehen werden, von der brutalen Einsamkeit des bäuerlichen Lebens, von einem Fräulein, das Trost allein von einer im Käfig eingesperrten Rotdrossel erwartet, und von der zerstörenden Macht des Alkohols – der auch die sechsfache Mutter Ásta Sigurðardóttir in den frühen Tod trieb.

Produktinfo

Tarjei Vesaas: Frühlingsnacht. Übers.: Hinrich Schmidt- Henkel. Guggolz. 240 Seiten, 25 €.

Produktinfo

Ásta ­Sigurðardóttir: Streichhölzer. Übers.: Tina Flecken. Guggolz. 221 Seiten, 24 €.

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