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Das Land Sachsen muss sparen. Gewaltig sparen und wir alle sind betroffen, einige mehr, andere weniger. Der Verein, in dem ich mich engagiere, kümmert sich schwerpunktmäßig um Männer. Wir wollen ihnen helfen, ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Denn gerade in diesen Umbruchzeiten sind vor allem junge Männer besonders gefährdet.
Und nun? Nun stehen Sparmaßnahmen an, und akut gefährdet sind womöglich ausgerechnet Stellen von zwei Mitarbeitenden, die sich aktiv um diese jungen Männer kümmern. Eine Katastrophe!
Der entsprechende Beschluss im Landtag ist für den Sommer geplant. Also sprechen wir bei unseren Vereinstreffen darüber, was getan werden kann: Stellungnahmen schreiben und veröffentlichen, den Kontakt zu den Politikerinnen und Politikern im Landtag suchen, Gespräche organisieren, sich mit anderen Akteuren vernetzen, Stiftungen für andere Geldquellen suchen. Und während wir all das machen, können wir unsere eigentliche Arbeit nicht erledigen.
Aus dem Landtag kommen manchmal zugewandte, verständnisvolle und trotzdem irgendwie hilflose Antworten als Reaktion auf unsere Schreiben. Für die Fachkräfte und Vereine ist das ein Hoffnungsschimmer, mehr aber auch nicht. Es gibt auch ablehnende Antworten: "Ein Gespräch ist nicht möglich. Denn es ist entschieden, wir haben lange überlegt, leider sehen wir keine andere Möglichkeit und so wird es nun kommen."
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Die Situation erlebe ich als ausweglos, ganz gleich, mit wem ich spreche. Alle sind in Sorge. Und es betrifft nicht nur Bereiche wie Bildung und Soziales. So verschiebt die Landesregierung notwendige Baumaßnahmen an den Regierungsgebäuden. Ich kann nur erahnen, wie viele Stellungnahmen und wie viele Bitten um Gespräche derzeit bei den Mandatstragenden eintreffen.
Natürlich berichten die Medien über all das - doch ich finde: Nicht in einem angemessenen Rahmen. Es fehlt an der gesamtgesellschaftlichen Diskussion, wo und wie wir sparen und wie sich das wo und wie auswirkt.
Da höre ich einerseits, dass die Landesregierung beim Sport Millionen sparen wird – aber trotzdem eine Bewerbung für die Olympischen Spiele weiter verfolgt. Oder es wird bekannt, dass die Verkehrsbetriebe in Dresden ihr Angebot reduzieren müssten, da der öffentliche Zuschuss sinkt. Wen trifft das am schwersten? Natürlich die, die eh schon aus finanziellen Gründen auf ein eigenes Auto verzichten.
Und das sind nur zwei von vielen alltäglichen Beispielen dafür, dass auch die Kommunen den Eindruck haben, mit dem Rücken an der sinnbildlichen Wand zu stehen. Doch diese Hilflosigkeit wird viel zu selten ausgesprochen.
Und all das geschieht gerade in Ostdeutschland, in dem Teil der deutschen Gesellschaft, der schon einmal von ähnlichen Umbrüchen, Verlustängsten und eben auch tatsächlichen Verlusten geprägt wurde.
Ich registriere täglich, was das mit den Menschen hier macht. Ein gesellschaftliches Miteinander rückt in immer weitere Ferne. Stattdessen wächst die Wahrscheinlichkeit, in Lethargie zu verfallen oder populistischen wie regierungsverächtlichen Positionen zu folgen.
Ein Kreislauf droht, den man eigentlich nur unterbrechen könnte, indem man die Menschen stärker in Entscheidungen einbindet und die sozialen und demokratischen Orte stärkt. Darüber müssen wir reden. Viel lauter, viel öffentlicher. Wenn es denn schon bitter wird, dann sollte es, vor allem auch von den Menschen, die diese Sparmaßnahmen ausführen, klar und deutlich benannt werden. Es bedarf eines Konzeptes, eines Fahrplans, wie es miteinander weitergeht und was gemeinsam zu schaffen ist. Es dürfen keine falschen Hoffnungen geweckt werden, denn falsche Hoffnung auf einen schmerzlosen Umbruch haben zu den Verwerfungen geführt, die wir heute hier beobachten. Eine rechtsradikale populistische Partei nährt sich mit zunehmenden Wählerstimmen daran.
Ich wünsche mir von meinen demokratischen Regierungsvertretern mehr Klarheit. Jeder Arzt weiß: Es braucht eine klare Diagnose, bevor man über Heilung reden kann. Und über den Heilungsprozess kann nur gemeinsam gesprochen werden. Daran fehlt es mir zurzeit!