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Dass Marina Röthlinger heute Mahnwachen organisiert und zu Demos geht, liegt an "diesen paar Junitagen" im Sommer 2018: Das Seenotrettungsschiff "Lifeline" fand mit über 200 Flüchtlingen an Bord keinen Hafen zum Einlaufen, weil niemand die Geretteten aufnehmen wollte. Röthlinger, 55, Sozialberaterin und bis dato eher "passiv politisch", verfolgte die sechstägige Odyssee in ihrer Wohnung in Hannover vor dem Fernseher, jeden Tag stieg ihr Unmut. Für sie lief das Fass über, als Maltas Präsident das Schiff einlaufen und festsetzen ließ und ankündigte, gegen die Mannschaft wegen Menschenschmuggels ermitteln zu lassen. "Da wurde mir klar: Dazu kann ich nicht schweigen. Menschen werden bestraft, wenn sie andere retten. Das störte mein Rechtsempfinden sehr."
Hanna Lucassen
So wie Röthlinger ging es offenbar vielen Deutschen. Tausende demonstrierten in mehreren Städten gegen die Kriminalisierung von Seenotrettern und eine europäische Abschottungspolitik. Der Berliner Verein "Mensch Mensch Mensch", der Flüchtlingsprojekte fördert, gründete das bundesweite Aktionsbündnis "Seebrücke" und vernetzte die lokalen Gruppen, die sich wiederum an ihre Kommunalpolitiker wandten. Die Kommunen, so ihr Plan, könnten die Geretteten schnell und unbürokratisch aufnehmen, zusätzlich zur Verteilerquote, die in staatlicher Hand liegt.
Ein symbolischer Akt
Mittlerweile haben sich über 110 Städte und Gemeinden zu sogenannten "Sicheren Häfen" erklärt. Das bedeutet nicht unbedingt, dass sie auch zusätzliche Flüchtlinge aufnehmen. Seebrücke hat acht Kriterien formuliert, von denen mindestens eins erfüllt sein muss: die Patenschaft für ein Rettungsboot übernehmen zum Beispiel oder schlicht: sich mit Menschen auf der Flucht und den Zielen der Seebrücke öffentlich solidarisch erklären. "Es ist vor allem ein symbolischer Akt", so Röthlinger.
Der dennoch oft schwerfällt. In Hannover etwa stritten die Parteien fast ein halbes Jahr lang, bevor der Rat im Februar 2019 zustimmte. Ganz anders in Rottenburg am Neckar. Da ist Oberbürgermeister Stephan Neher (CDU) selbst die treibende Kraft. Er begründet das mit der christlichen Tradition der Bischofsstadt: "Menschenleben sind zu retten."
CDU-Bürgermeister wartet auf Flüchtlinge
Für Neher soll es nicht bei der Symbolik bleiben. Er hatte dem für Flüchtlingsfragen zuständigen Bundesinnenministerium bereits im Juni angeboten, die Flüchtlinge der "Sea Watch 3" aufzunehmen, die damals unter Kapitänin Carola Rackete im Mittelmeer ausharrte. Bis heute ist niemand in Rottenburg angekommen. Aber immerhin: Im September einigte sich Bundesinnenminister Horst Seehofer mit drei EU-Staaten auf einen Notfallplan und erklärte, Deutschland würde 25 Prozent der im Mittelmeer Geretteten aufnehmen.
Das Aktionsbündnis Seebrücke können Sie mit Spenden unterstützen oder sich ehrenamtlich engagieren.
Spendenkonto:
Mensch Mensch Mensch e.V.
IBAN: DE07430609671167120503
BIC: GENODEM1GLS
Bankname: GLS Gemeinschaftsbank
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat den Trägerverein "United4Rescue" gegründet, um ein weiteres Rettungsschiff aufs Mittelmeer zu schicken. Haben Sie Fragen dazu? Hier sind die Antworten.
Spendenkonto:
Trägerverein Gemeinsam Retten e.V.
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BIC: GENODED1KDB
Bank für Kirche und Diakonie eG - KD-Bank
Leserbrief zum Beitrag "Kein Hafen nirgends?"
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Ich komme aus der Kommunalpolitik und bin mit Fragen der Zuwanderung vertraut. Es sind sehr unterschiedliche Beweggründe, die die Menschen veranlassen, nach Europa oder nach Deutschland zu kommen. Sie wollen Sicherheit, aber auch materiell besser gestellt zu werden. Bei allem Verständnis muss uns klar sein, dass unsere Aufnahmemöglichkeiten begrenzt sind. Reinhold Sing