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„Spargelsalat“ steht an einem chinesischen Buffet. Ich bin ein einziges Fragezeichen. Das Grünzeug in der Schale sieht für mich verlockend aus, aber fast wie Gurken, garniert mit roten und gelben Paprikastreifen sowie ein paar wenigen Kräutern. Das kann kein Spargelsalat sein, nicht mal einer aus den grünen Stangen. Aber was dann?
Selbstverständlich probiere ich das Ganze. Die Scheiben haben noch einen leichten Biss, schmecken mild, ein klein bisschen nussig und ein Häuchlein bitter. Dazu kommen ein paar zarte, rauchige Röstaromen und die Ahnung von etwas dezentem Öl. Der Salat wirkt angenehm gesund und bekömmlich. Aber ohne Hilfe komme ich nicht weiter.
Reisen bildet. Was noch wichtiger ist: Menschen freuen sich, wenn man von ihrem Essen angetan ist und lernen will - woraus es besteht und wie man es zubereitet. Wertschätzung geht eben auch so - Fremdes nicht abzutun, sondern so richtig neugierig zu sein und den eigenen Horizont mit Freude und dem Beistand anderer zu erweitern.
Also erkundige ich mich und erfahre, dass es wirklich "Spargelsalat" ist, obwohl es mit unserem Spargel nicht wirklich was zu tun hat. Das chinesische Gemüse heißt richtig Celtuce oder Chinesische Keule und ist eine Mischung aus Salat und Sellerie, das lockere Blätter am Kopf hat wie ein Römersalat und einen spargeligen Strunk. Auffällig ist der dicke Stängel des Salats, der ihn im Englischen auch die Namen “stem lettuce”, “celery lettuce” oder “asparagus lettuce” eingebracht hat; daher die missverständliche Übersetzung in "Spargelsalat".
Vermutlich lässt sich der Strunk wie einheimisches Gemüse zubereiten. Aber ich wollte ja das chinesische Rezept erfahren. Die Köche nehmen Scallion-Oil, Öl aus geschnittenen Frühlingszwiebeln, klein gehacktem Knoblauch, etwas Ingwer und Salz. Alles zusammen wird in eine Pfanne mit Sesam- oder Erdnussöl gegeben und mit Agavendicksaft goldbraun karamellisiert.
Würzen kann man mit Soja-Sauce, hell und dunkel. Für „meinen“ Salat wurde ein Teil dieses Öl durch ein feines Sieb gegeben - das Gemüse selbst passt nicht zu den Salatscheiben. Man kann es mit dem restlichen Öl aber aufheben und am nächsten Tag für ein asiatisches Nudelgericht gut weiterverwenden. Dürfte köstlich-würzig schmecken.
Celtuce gibt es inzwischen in Asia-Läden kaufen. Im eigenen Garten wächst er auch. Vielleicht versuche ich, ihn auf dem Balkon in einem Topf aus Samen groß zu kriegen. So gut hat er mir geschmeckt - und so bekömmlich ist er mit all dem Vitamin A und C, Kalzium und Kalium, Magnesium, Eisen und Zink. Ein Bergwerk an Vitalität sozusagen.
Warum verreisen, wenn es das, was man in der Ferne entdeckt, auch bei uns gibt? Weil zumindest ich manches erst mitkriege, wenn ich woanders bin. Weil Rezepte vor Ort erklärt zusätzlich das eine oder andere Geheimnis verraten. Und vor allem, weil da immer noch die Menschen sind, denen ich begegnen und von denen ich lernen darf. Sie sind das größte Geschenk.