Prozession mit Pferdekutsche der evangelischen Kirchen in Berlin an Christi Himmelfahrt
Prozession mit Pferdekutsche der evangelischen Kirchen in Berlin an Christi Himmelfahrt
Rolf Zoellner/epd-bild
Debatte über Feiertage
Zu viele Feiertage? Bitte richtig rechnen!
Hilft es der Volkwirtschaft wirklich, wenn wir einen christlichen Feiertag streichen? In der Debatte darüber geht es viel um Symbolpolitik und wenig um Zahlen. Das ist nicht gut
(Berlin) 11.02.16; Dr. Johann Hinrich Claussen, Portraet, Portrait; Kulturbeauftragter des Rates der EKD, Leiter des EKD-Kulturbueros, evangelischer Theologe Foto: Andreas Schoelzel/EKD-Kultur. Nutzung durch und fuer EKD honorarfreiAndreas Schoelzel
28.03.2025
3Min

Eigentum verpflichtet, und ein milliardenschweres Sondervermögen ist mit großer Verantwortung verbunden. Deshalb verwundert es, wenn einige Journalisten und Ökonominnen jetzt fordern, der Pfingstmontag oder ein anderer Feiertag müsse gestrichen werden, um den Bundeshaushalt im Gleichgewicht zu halten.

Ein Volkswirt oder ein Haushaltspolitiker bin ich nicht. Deshalb kann ich nicht beurteilen, ob die Lockerung der Schuldenbremse in der Form, wie die neue Koalition es will, sinnvoll ist. Vielleicht ja.

Und warum feiern wir eigentlich Pfingsten?

Da ein "Sondervermögen" aber in Wahrheit gar kein Vermögen ist, sondern nur ein hübscheres Wort für "Neuverschulung", sollte diese verbunden sein mit einer präzisen, ernsthaften und nachhaltigen Finanzpolitik. Dazu gehört, dass die neue Koalition sich harten Fragen stellt und keine Angst vor Konflikten hat. Sie müsste sich eine gerechte Steuerpolitik zur Aufgabe machen, Steuerflucht und -betrug wirksam bekämpfen, Subventionen für Industrie oder Landwirtschaft auf den Prüfstand stellen, Sinnhaftigkeit und Bezahlbarkeit von Sozialleistungen klären, die Rentengrenze verschieben, Pendlerpauschalen und Dienstwagenprivilegien aufheben sowie vieles anderes mehr. Das alles ist komplex und anstrengend. Bei jeder Entscheidung wird es Geschrei von dieser oder jener Seite geben.

Leichter ist es da und schnell gesagt, mal eben einen Feiertag zu streichen. Interessiert ja eh keinen. Ist ja nur ein christliches Traditionsgut. Ob ein Feiertag weniger aber tatsächlich unserem Land aus der Verschuldung helfen würde und wie man dies überhaupt herausfindet, scheint niemand ernsthaft nachweisen zu wollen. Es ist deshalb bezeichnend, wenn eine prominente Stimme, die "Wirtschaftsweise" Monika Schnitzer erklärt, die Streichung eines Feiertages fände sie "als Symbol genau richtig". Aha, es geht also um Symbolpolitik. Also nicht um eine sachgerechte Arbeits-, Wirtschafts-, Haushalts- und am Ende auch Kulturpolitik. Schade, denn ich fände es angesichts des Ernsts der Lage genau richtig, auf symbolpolitische, d.h. populistische, Schnellschüsse zu verzichten.

Natürlich setze ich mich als Vertreter meiner Kirche jetzt dem Verdacht aus, wie all die anderen Lobbyisten nur meinen eigenen Besitzstand bewahren zu wollen.

Warum freier Journalismus besser bezahlt werden müsste

Deshalb zur Klarstellung: Wenn sich nach einer umfassenden und tiefgreifenden Untersuchung aller möglichen Maßnahmen zeigte, dass ein zusätzlicher Arbeitstag einen echten Beitrag für eine bessere Zukunft unseres Landes leisten würde, würden sich die Kirchen dem Gespräch nicht verweigern. Wir würden dann aber deutlich machen, dass ein Feiertag einen Wert für sich darstellt: Er dient der körperlichen Erholung, der "seelischen Erhebung" sowie dem privaten und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Christliche Feiertage sind zudem Zeugen einer wichtigen Wurzel unserer Kultur und weisen religiöse wie nicht-religiöse Bürger darauf hin, dass es im Leben ein "Mehr" gibt, das nicht überflüssig, sondern lebensnotwendig ist. Ein Feiertag ist also ein hochbedeutsames religiöses, kulturelles und existentielles Symbol, das man nicht der Tagespolitik und ihren Unsinnsdebatten ausliefern sollte.

Wir würden zudem klarstellen, dass ein gestrichener Feiertag – anders als diese Subvention oder jene Sozialleistung – nicht wiederkommt. Weg ist weg. So haben wir es beim (evangelischen) Buß- und Bettag erlebt, den der damalige (katholische) Bundeskanzler für die Pflegeversicherung geopfert hat. Er kommt nicht zurück. Welche Wirkung dies für die Pflegeversicherung hatte, müsste allerdings noch erforscht werden. Schließlich würden wir fragen, ob es nicht Alternativen gäbe, nämlich mehr Vollzeitstellen und etwas längere Arbeitstage. Das würde eine ernsthafte Diskussion ergeben. Aber ich bezweifle, dass daran besonders viele interessiert wären.

Zum Schluss: "Sondervermögen" ist wirklich ein lustiges Wort. Es erinnert mich jedoch an einen noch frecheren Euphemismus. Schauspielern wird gegenwärtig häufig ein "Sonderhonorar" angeboten. "Toll!", denken sie beim ersten Mal, bis sie erfahren, dass damit halbierte Bezüge gemeint sind.

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Kolumne

Johann Hinrich Claussen

Auch das Überflüssige ist lebens­notwendig: Der Autor und Theologe Johann Hinrich Claussen reist durch die Weiten von Kunst und Kultur