Die Lage in Gaza ist furchtbar, ohne Zweifel. Aber ist das, was dort passiert, tatsächlich Apartheid? Der Zentralausschuss des Weltkirchenrates sieht es so. Der Weltkirchenrat oder ÖRK ist ein weltweiter Zusammenschluss der meisten reformatorischen und orthodoxen christlichen Kirchen. Ende Juni 2025 hat der Zentralausschuss des Gremiums auf seiner Tagung in Johannesburg die Erklärung "Ein Aufruf zur Beendigung von Apartheid, Besatzung und Straflosigkeit in Palästina und Israel" verabschiedet.
Dieser Beschluss ist in Deutschland und der Schweiz auf starken Widerspruch gestoßen. Vor allem zwei Dinge wurden kritisiert. Zum einen, dass der Beschluss den Terrorüberfall der Hamas am 7. Oktober 2023 völlig verschweigt und allein gegen Israel Vorwürfe erhebt. Zum anderen, dass im Beschluss steht: Der Weltkirchenrat "verlangt, dass die Realität der Apartheid beim Namen genannt wird: Wir anerkennen und verurteilen das System der Apartheid, das Israel dem palästinensischen Volk auferlegt und damit das Völkerrecht und das moralische Gewissen verletzt".
Verfolgt der Staat Israel ein "System der Apartheid", ist er gar selbst ein Apartheidstaat?
Wenn wir "Apartheid" sagen, denken wir mit guten Gründen an den Staat Südafrika, in dem seit Beginn des 20. Jahrhunderts mit wachsender Verschärfung in der Tat ein System der Apartheid herrschte. Erst ab 1990 entwickelte sich dort nach einer langen Zeit zivilen wie gewaltförmigen Widerstands eine Zeit des Übergangs weg von der Apartheid hin zu einer pluralen Staatsform. Dieser Prozess fand mit der Wahl Nelson Mandelas zum Präsidenten in Südafrika 1994 seinen Abschluss.
Apartheid in Südafrika meinte ein ausgeklügeltes und sich immer weiter verschärfendes System an rechtlichen und politischen Verordnungen mit dem Ziel, "schwarze" und "weiße" Lebenswelten voneinander zu trennen und die Privilegien der weißen Bevölkerung zu sichern und auszubauen.
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