chrismon: Frau Holst*, Sie sind wegen Mordes zu einer lebenslänglichen Strafe verurteilt worden, Sie saßen zehn Jahre im geschlossenen Vollzug und sind seit eineinhalb Jahren im offenen Vollzug in einer sozialtherapeutischen Einrichtung. Was ist das Schlimmste am Leben im Gefängnis?
Isabel Holst: Das Abgeschnittensein von der Familie, von den Freunden und die Einsamkeit. Ich vermisse meine Familie und Freunde sehr. Das geht hier allen Frauen so. Und doch scheuen sich viele von uns, ihre Angehörigen zu treffen, weil sie nicht wissen, wie sie ihnen ihre Tat erklären sollen. Das, was wir getan haben, ist schwer zu vermitteln. Auch mir fällt es schwer. Ich habe viel kaputt gemacht im Leben meiner Familie, und ich weiß nicht, wie ich es wiedergutmachen kann. Das ist weiß Gott nicht angenehm, es tut weh. Gefühle sind eine sehr schwierige Sache, und wenn man sie zulässt, dann macht man sich verletzlich. Und das fällt uns allen nicht gerade leicht.
Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie?
Ich habe zwei Töchter, die eine will nichts mehr mit mir zu tun haben, die andere lebt weit weg und kommt nur selten zu Besuch. Vor kurzem war sie da, das erste Mal nach zwei Jahren, und sie hatte meinen dreijährigen Enkel dabei. Wir waren zusammen im Park, später haben wir Pizza gegessen. Das Schönste für mich war, dass mein Enkel mich wiedererkannt hat. Er hat "Oma" zu mir gesagt. Das hat mich unglaublich gerührt.
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Therapie im Gefängnis
Eine besondere Form des Strafvollzugs ist die sozialtherapeutische Abteilung. Sie ist für Inhaftierte gedacht, die eine besondere Betreuung brauchen. Meist handelt es sich um Menschen, die wegen besonders schwerwiegender Taten verurteilt wurden oder die rückfallgefährdet sind. Die Unterbringung erfolgt in Wohngruppen, die von Psychologinnen oder Psychologen und fest zugeordneten Vollzugsbeamten betreut werden. Die Abteilungen können sowohl im geschlossenen als auch im offenen Vollzug untergebracht sein. Letzteres bedeutet, dass die Inhaftierten in der Regel tagsüber die Haftanstalt verlassen können, um einer Arbeit nachzugehen.
Zum Stichtag 31. März 2023 saßen in Deutschland 41 641 Männer und 2590 Frauen in Haft, der Frauenanteil beträgt also rund sechs Prozent. 493 Frauen waren im offenen Vollzug, 109 Frauen zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilt.
Sehr geehrtes Chrismonteam,…
Sehr geehrtes Chrismonteam,
Heute Morgen habe ich ihr Heft durchgelesen und viel Inspiration erfahren und interessante Lebensgeschichten kennengelernt.
Bei dem oben genannten Artikel bin ich allerdings zwiegespalten. Meine erste, Reaktion: " Na toll, wieder ein Artikel über Täter. "
Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin kein rachsüchtiger Mensch und Haft, egal wie lange, ist ohne Frage schwer zu ertragen. Aber in den Medien wird so häufig, meiner Meinung nach zu häufig, über die Täter gesprochen und deren Leid. Was ist mit den Opfern und deren Angehörigen und Freunden, deren lebenslanges Leid. Ich habe so einen Fall in der Nachbarschaft selbst erlebt. Vor vielen Jahren, eine junge Frau, 23 Jahre, brutal vergewaltigt und ermordet, von einem Freund, 8 Wochen später von einem Fußgänger im Wald gefunden, der Mittäter kam nach 8 Jahren frei, der Haupttäter nach 14 Jahren. Die Eltern sind ausgewandert, um den Tätern nicht zu begegnen und nicht selbst straffällig zu werden. Seit der Tat, gehen sie durch die Hölle. Jeden Tag.
Natürlich ist es schwierig, Opfer zu finden, die an die Öffentlichkeit gehen möchten. Aber auch Lebensgeschichten kann man anonym erzählen. Es würde vielleicht auch den Tätern helfen, ihre Strafe zu verstehen und zu akzeptieren.
Hochachtungsvoll B. Rudolph-Kull
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Liebe Chrismon Redaktion,…
Liebe Chrismon Redaktion,
Vielen Dank für all die lebensnahen, offenen Artikel! Es tut richtig gut in Ihrem Heft zu lesen, vorallem auch über Themen, die sonst eher wenig Beachtung bekommen, von denen ich hier zum ersten Mal gelesen habe. Hier etwa der Bericht der Frau, die im Gefängnis sitzt. Eine Lebensrealität mit der man schließlich doch eher selten zu tun hat.
Ich war fast enttäuscht, als ich das Heft so schnell durchgelesen hatte.
Vielen Dank, herzliche Grüße,
Sigrun Hohl
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