Tagelang über 40 Grad, jetzt: 43,46. Glücklich ist, wer eine Klimaanlage hat. Sehr viele Menschen hier in dieser Metropole Delhi mit ihren rund 30 Millionen Einwohnern haben keine, zu teuer. Dazu die Stromkosten, keine Chance.
Auch bei über 40 Grad muss die Arbeit draußen überall weitergehen. Das gilt auf den Baustellen, für Straßenhändler und für die mit dem Müllfahrrad. Wird nicht gearbeitet, gibt’s keine Rupie.
Bei der Hitze nehme ich, so oft es geht, die U-Bahn. In den unterirdischen Haltestellen ist es kühl, in den Zügen auch. Oft sitzen Menschen in den Zugängen zur Metro, weil es oben nicht auszuhalten ist.
Christoph Wildfang
Wichtig ist da sauberes Trinkwasser. Ich muss es kaufen, es kommt in 20-Liter-Flaschen. Viele können sich das nicht leisten. Sie trinken das aus der Leitung und wissen, dass das nicht gut ist, haben aber keine Auswahl. Vor vielen Häusern stehen dickbauchige Tongefäße mit Trinkwasser. Wer vorbeikommt, kann sich etwas nehmen. Oft hängt eine Metalltasse an einem Seil. Inder berühren die Tasse sowieso nicht mit den Lippen.
Ein anderes Problem bei der Hitze: Stromausfälle. In den indischen Medien diskutieren sie, wie lange die Vorräte in den Kohlekraftwerken langen. Normale Züge fallen aus, damit die Kohlewaggons durchkommen. Oft fällt hier sowieso der Strom aus. Meistens nur für einige Minuten, manchmal aber auch für drei Stunden und länger. Nahrungsmittel werden nicht gekühlt, von der Klimaanlage ganz zu schweigen, für viele Menschen ein Luxusproblem.
Die Menschen kommen trotz der Hitze
Ich kriege unsere Wohnzimmerkirche nicht wirklich kühl. Das Haus ist alt. Alle drei Deckenventilatoren drehen sich. Bei Stromausfall starren alle kurz nach oben. Der Rotor hört auf, sich zu drehen, kein Lufthauch.
Wir hatten auch schon "powercut" im Gottesdienst. Wer aus Deutschland unseren Gottesdienst aus Delhi online mitfeierte, hat einfach weitergefeiert, ein Lied gesungen, Fürbitten gebetet, bis wir wieder Strom hatten und online waren.
Die Menschen in unserer Kirchengemeinde kommen trotz der Hitze. Die Seele braucht Nahrung, den Zuspruch im Gottesdienst, den Segen. Sie trinken alles weg, vor und nach und während des Gottesdienstes.
Ich denke an unsere zwei Projekte, eines für hungernde Kinder, das andere für Kinder und Jugendliche, die HIV-positiv sind. Wenn ich dort höre: "Buuka huu", "Ich habe Hunger", dann verblassen meine Schwierigkeiten. Wir gehen wieder zu ihnen heraus und versuchen, das zu tun, was nötig ist. Ja, es ist heiß.
Ganz einfache Physik:
Wir entziehen mit den Windrädern den Winden in Nordeuropa die Kraft und dann können Leveche und Schirokko mehr trockene und heiße Luft aus Afruka nach Europa blasen. Nix Klimawandel in dem Fall. Die Italiener leiden an unserer Klimapolitik.
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Ich war noch nie in
Ich war noch nie in Notgebieten. Aber so wie geschildert, habe ich es mir vorgestellt. Mich beschleicht ein schlechtes Gewissen. Warum? Nur weil es mir gut geht? Ich habe doch Indien nicht "gemacht". Helfen ist gut. Aber das dortige Systen ändern kann ich nicht. Es wäre eine neue Form von Kolonialismus. Das Dilemma zwischen des Anderen Leid und mein Wohl ist nicht zu befrieden. Selbst wenn wir es in einem unvorstellbaren Anflug von Altruismus versuchen würden. Fremde Kulturen haben ihre eigenen Gesetze. Wer gibt uns das Recht die ändern zu müssen? Hier prallen Werte (Kasten, Ehrbegriffe, Verachtung der Frauen) auf uns, Indien und alle anderen Länder als globale Realitäten aufeinander, die vollkommen unbeherschbar sind. Den Lauf der Zeit hat die Erdgeschichte schon mehrmals erlebt. Das zu denken könnte als überheblich bezeichnet werden. Die Natur hat auch unmenschliche Gesetze. Und dann noch die Hitze. Der Missionar tut seine Pflicht. Das System ändern kann er nicht. Einsicht ist eine Sicht. Es gibt viele.
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