"Warte – bevor du anfängst, über deinen Vater zu sprechen: Stefanie Stahl hat dazu schon mal eine Folge gemacht ..." Diese oder ähnliche Sätze mussten sich schon viele meiner Freundinnen und Freunde in vermeintlich tiefenpsychologischen Gesprächen auf Balkonen und in WG-Küchen anhören. Ich bin Mitte zwanzig, und in meinem Freundeskreis ist es neuerdings üblich, dass wir uns häufig über unser Innenleben austauschen – über unsere Gefühle und Gedanken und darüber, wie unsere Kindheit uns geprägt hat ("Nein, hör auf – deine Mutter hat nicht schon wieder ... oder?!").
Ein Grund dafür: Wir alle hören mehr oder weniger die gleichen Psychologie-Podcasts zum Thema "mentale Gesundheit". Wer Interesse für oder Spaß an solchen Themen hat, dem oder der lege ich folgende fünf besonders ans Herz.
Betreutes Fühlen
"Betreutes Fühlen" von Atze Schröder und Dr. Leon Windscheid (Autor von "Besser fühlen") versorgt seit sechs Jahren treue Hörerinnen und Hörer zu Beginn jeder Woche mit einer neuen Folge. Hier sprechen zwei vollkommen unterschiedliche Menschen über die großen Fragen des Lebens: "Wie besiege ich meine Ängste?", "Warum kann ich nicht mehr abschalten?" und "Wie lernt man, sich selbst zu lieben?". Gelegentlich gibt es auch bekannte Gästinnen oder Gäste, beispielsweise Tommi Schmitt und Nina Chuba.
Key Learning: Psychologie und Wissenschaft können richtig Spaß machen! Ich habe durch "Betreutes Fühlen" beispielsweise gelernt, was die Psychologie unter einer "transformativen Entscheidung" versteht: Das sind Entscheidungen, welche die eigene Persönlichkeit tiefgreifend verändern können. Wenn ich transformativ entscheide, treffe ich sozusagen die Wahl für einen Weg, den ich noch gar nicht kenne. Krass, oder?
Für wen geeignet? Für alle Hörerinnen und Hörer, die Lust auf psychologische Themen haben und gerne längeren und ruhigen Gesprächen zuhören.
Stahl aber herzlich
Die Psychologin und Bestsellerautorin Stefanie Stahl ("Das Kind in dir muss Heimat finden") hat im Januar 2021 den Podcast "Stahl aber herzlich" gestartet und produziert seitdem alle zwei Wochen rund einstündige Folgen. Das Besondere daran: Es handelt sich bei den Folgen um Aufnahmen von echten Therapiegesprächen. Hier geht es immer darum, bei einem konkreten Anliegen (beispielsweise "Meine Tochter hat den Kontakt mit mir abgebrochen", "Warum belastet mich die schwierige Beziehung zu meinem Bruder?" oder "Mein Mann hat mich jahrelang betrogen") den roten Faden zu finden.
Key Learning: In meine Welt hat der Podcast Begriffe eingeführt, die ich bis dato noch nicht kannte. Da wäre zum einen das Mantra "Ertappen und Umschalten" bei ungeliebten Verhaltensmustern oder der "Alleinherrscher über Nähe und Distanz". Das ist eine Bezeichnung für Menschen, die Schwierigkeiten mit Nähe in Beziehungen haben.
Für wen geeignet: Für jeden, der ein Grundinteresse an psychologischen Themenfeldern mitbringt – und die Bereitschaft, über sich selbst nachzudenken.
Wie geht’s?
Ganz neu am Podcast-Himmel ist die Serie "Wie geht’s?". Der zweiwöchentliche, etwa anderthalbstündige Podcast wird moderiert von Robin Gosens und Nils Straatmann. In der Beschreibung versprechen beide: "Kein Boulevard, sondern einfühlsam und mit Tiefe" – und damit, so viel lässt sich nach zehn Folgen sagen, nicht zu viel. In jeder Folge spricht Fußballprofi Gosens mit einer prominenten Gästin oder einem prominenten Gast über persönliche Krisen und mentale Herausforderungen.
Key Learning: Die mentale Gesundheit kann mindestens genauso wichtig sein wie die körperliche. Vergleiche zwischen einem Therapie-Besuch und einem hausärztlichen Check-up hinken zwar immer etwas, haben aber doch einen wahren Kern.
Für wen geeignet: "Wie geht’s?" spricht vermutlich eher ein jüngeres Publikum an, aber beispielsweise die Folge mit Johannes B. Kerner könnte auch für ältere Zielgruppen durchaus interessant sein.
Tomoni mental health: Es braucht das ganze Dorf
Der Podcast "Es braucht das ganze Dorf" ist seit Februar 2025 am Start. Tomoni mental health ist eine gemeinnützige gGmbH, die von Alix und Oliver Puhl nach dem Suizid ihres Sohnes gegründet wurde. Alle zwei Wochen erscheint eine neue Folge, in der jüngere Menschen etwa eine halbe Stunde mit Fachleuten aus Psychologie, Medizin oder Sozialarbeit sprechen – tolle, echte und nahbare Gespräche.
Key Learning: An den Folgen hat mich beeindruckt, wie reflektiert, gebildet und ehrlich die Jugendlichen über ihre Erfahrungen mit psychischer Gesundheit sprechen.
Für wen geeignet: "Es braucht das ganze Dorf" richtet sich primär an junge Menschen, ist aber für alle geeignet. Jede Folge beantwortet wichtige grundlegende Fragen zu psychischer Gesundheit – gegebenenfalls auch für Eltern und Lehrende interessant.
Kopfsalat
Bei "Kopfsalat" erscheinen seit 2019 alle zwei Wochen einstündige Folgen, in denen Sven Haeusler oder wechselnde Podcast-Hosts mit Gästinnen und Gästen über Themen wie Depression, Einsamkeit und Angst sprechen. Produziert wird der Podcast vom Verein Freunde fürs Leben e. V., der sich für Suizidprävention und Aufklärung rund um psychische Erkrankungen engagiert.
Key Learning: Was "Kopfsalat" besonders stark macht, ist seine Nahbarkeit, sowohl bei den Gästinnen und Gästen als auch in der Art, wie psychische Erkrankungen erklärt werden und – beispielsweise in den Folgen zum Thema "Essstörung" – wie früh sie bei einem jungen Menschen angelegt sein können.
Für wen geeignet: Der Podcast kann für jeden hilfreich sein. Wer vermutet, mit dem einen oder anderen psychischen Störungsbild selbst zu tun zu haben, kann sich im Podcast das Phänomen erst mal ganz in Ruhe und alleine betrachten – und etwas darüber lernen.