Minenräumer in Syrien
Eine Streubombe machte ihn zum Minensucher
Minen und Blindgänger sind das tödliche Erbe des Kriegs. Ein Krankenpfleger arbeitet jetzt als Minenräumer. Jeden Tag riskiert er sein Leben, um zu verhindern, dass Kinder mit Minen spielen und sterben
Minenarbeiter Issam al-Mohammad, Idlib, Syrien
Der Syrer Issam al-Mohammad arbeitet als Minenräumer. Sein Einsatzort: die ehemalige Frontlinie in der Region Idlib. Jeden Tag finden er und sein Team im Schnitt zwei Sprengkörper.
Max Wochinger
privat
26.03.2025
8Min

Drei. Zwei. Eins. Feuer. Ein heftiger Knall und zwei Panzerminen vom russischen Typ TM57 explodieren in den blauen Himmel über Nordwestsyrien. Verbrannte Erde prasselt auf das Feld nieder, vor dem Issam al-Mohammad steht. Er zuckt kurz, dabei sollte ihn diese Explosion nicht mehr erschrecken: Seit vier Jahren arbeitet der Syrer, geboren 1982, schon als Minenräumer. Und doch erschaudert Issam jedes Mal, wenn er mit seinen Kollegen Bomben sprengt. Vor zehn Jahren zerfetzte ihm eine Streubombe die linke Hand. "Jede Explosion bringt die Erinnerung daran zurück", sagt er. Doch statt sich von den explosiven Kriegsresten fernzuhalten, ist er jetzt noch entschlossener: Er will sein Land vom gefährlichen Erbe des Bürgerkrieges befreien.

Auf dem Feld nahe der Stadt Sarakeb, Provinz Idlib, wurde noch bis Ende vergangenen Jahres heftig gekämpft: die Armee des ehemaligen Langzeitdiktators Baschar al-Assad gegen islamistische Rebellen. Dann eroberten die Kämpfer um die Miliz HTS innerhalb weniger Tage nahezu das gesamte Land. Am 8. Dezember zogen sie überraschend in die Hauptstadt Damaskus ein und stürzten das Terrorregime von Assad. Seitdem herrscht in Syrien Aufbruchstimmung - wenngleich die Sicherheitslage mancherorts noch brisant ist.

Issam und sein Sprengkommando haben ihr Lager an der ehemaligen Frontlinie aufgeschlagen, zwischen metertiefen Schützengräben und einem zerbombten Militärstützpunkt. Die Arbeiter suchen und räumen Landminen oder nicht explodierte Bomben. Sie arbeiten für Halo Trust, die größte Minenräumorganisation der Welt. Seit einigen Jahren ist die britische NGO auch im Nordwesten von Syrien im Einsatz, zusammen mit anderen Organisationen wie den Vereinten Nationen, Handicap oder den syrischen Weißhelmen. Zehn Teams von Halo mit insgesamt 40 Frauen und Männern sind hier in der Region aktiv.

Lesetipp: In Kambodscha helfen Ratten, Minen aufzuspüren

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Infobox

13 Jahre Bürgerkrieg

Im Arabischen Frühling 2011führte ein Volksaufstand in Syrien zu einem blutigen Bürgerkrieg zwischen Truppen des Diktators Baschar al-Assad, dem "Islamischen Staat" und Rebellengruppen. Rund 500 000 Menschen starben, über 13 Millionen Menschen flohen, davon knapp eine Million nach Deutschland.
Im Dezember 2024 gelang es einer Koalition aus verschiedenen Kräften unter Führung der islamistischen Miliz Hay’at Tahrir al-Scham (Komitee für die Befreiung Syriens – HTS) überraschend, Assad aus dem Amt zu zwingen. Er floh nach Russland. Seitdem wird das Land von einer Übergangsregierung
um den islamistischen Präsidenten Ahmed al-Scharaa geführt.

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