Eigentlich könnte Anton Weber zufrieden sein. Der Landwirt von der Schwäbischen Ostalb hat im westafrikanischen Togo in den letzten 30 Jahren ein beispielloses Hilfswerk aufgezogen. Eine halbe Million Euro bringt er mit Unterstützern jährlich auf für das schmale Land am Golf von Guinea. Erst im November konnte der 73-Jährige mit dem markanten Kaiser-Wilhelm-Bart den Grundstein zur 50. Schule legen. Krankenstationen und mehrere Frauenkooperativen hat er auf seiner Reise mit Material und Maschinen für die Palmölernte versorgt und konnte sich über das kräftige Wachstum in "seinem" Wald auf mehr als 700 000 Quadratmetern Fläche freuen.
Mit 53 Auszubildenden der von ihm gegründeten Berufsschule im Norden des Landes hat er nach deutscher Tradition zum Abschluss die Lossprechung gefeiert. Bloß nicht zu lang, die Togolesen wissen inzwischen, ihr Patron Anton muss "schaffe". Viele von insgesamt 1142 Handwerkern, die dort seit vielen Jahren ausgebildet wurden, haben inzwischen eigene Betriebe mit Mitarbeitenden gegründet. Und beim ersten steht jetzt auch ein Mercedes vor der Tür, das deutsche Statussymbol für einen, der es geschafft hat.
In die Freude über so viel Erfolg mischt sich bei Weber immer mehr Sorge um sein Lebenswerk. Trotz verbesserter Lebensbedingungen, Schulbildung und guter Berufsausbildung sehen immer weniger Togolesinnen und Togolesen ihre Zukunft in der Heimat. Die dort dringend benötigten Fachkräfte wollen weg. Und es werden immer mehr. 60 Prozent der Oberschüler wählen darum inzwischen Deutsch als zweite Fremdsprache. Deutschland gilt vielen als gelobtes Land und dazu als eines, das händeringend Fachkräfte sucht. "Deutschland und Fachkräftemangel hat in Togo schon jeder mal gehört", erzählt Weber. Und ärgert sich über skrupellose Geschäftemacher, die ihren Landsleuten den Weg ins gelobte Land auf vermeintlich einfache Weise bahnen und dafür viel Geld kassieren: "Das ist eine echte Mafia!"
Die größte Hürde auf dem Weg nach Deutschland ist das Visum, das alle aus der ehemals deutschen Kolonie benötigen, um nach Deutschland zu gelangen. Einige dieser Geschäftemacher nutzen dafür ausgerechnet die Hilfe einer deutschen Einrichtung: des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben. Diese Behörde verwaltet den Bundesfreiwilligendienst, 32 210 sogenannte Bufdis gab es zuletzt in Deutschland. Meist junge Leute, die ein Jahr lang in sozialen Einrichtungen arbeiten, von Kitas über Krankenhäuser und Altenheime, aber auch im Umweltschutz und an Schulen; für ein Taschengeld von aktuell bis zu 453 Euro im Monat, häufig bei freier Kost und Logis.
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Pflege und Migration
Mehr als 200 000 Pflegekräfte in Deutschland sind zugewandert, jede achte, die Zahl hat sich zwischen 2013 und 2021 ungefähr verdreifacht. Laut Sachverständigenrat für Integration und Migration stammen in der Altenpflege 24,9 % aus anderen Ländern, besonders häufig arbeiten sie auf Helferniveau, seltener als Fachkraft. In der Krankenpflege sind es 16,2 %. Sie kommen vor allem aus Polen, der Türkei, der Russischen Föderation, Kasachstan und Rumänien. Auch Geflüchtete, vor allem aus Syrien, arbeiten überdurchschnittlich häufig im Gesundheitswesen.
Ein Glück, dass es so…
Ein Glück, dass es so großartige Menschen gibt wie den Landwirt Anton Weber von der Schwäbischen Ostalb. Denn was er an Hilfsprojekten in Togo aufgebaut hat, die vielen Menschen in unterschiedlichsten Bereichen eine Lebensperspektive geben, ist bewundernswert und verdient größten Respekt! Entsetzt bin ich allerdings darüber, dass die jungen togoischen Frauen, die teilweise auch mit Webers Unterstützung den Weg nach Deutschland gefunden haben, um als Pflegekräfte bei uns im Gesundheitswesen tätig zu werden, vor riesigen Hürden stehen, wie es Barbara Schmid eindrucksvoll schildert. Denn obwohl sie zu Hause bereits eine mehrjährige Ausbildung in der Gesundheitspflege absolviert haben, ja in einigen Fällen sogar mehrere Jahre Praxis aufweisen können, müssen sie bei DRK-Einrichtungen in Deutschland ihre Ausbildung wiederholen - weil es hiesige Behörden so verlangen. Das ist angesichts des Pflegenotstands in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen hierzulande blanker Unsinn. Abgesehen davon, dass die jungen Helferinnen aus Togo jahrelang um den erhofften Lohn gebracht werden.
Manfred H. Obländer
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