Pflegekräfte aus Togo
Pflegen für ein Taschengeld
Ausgebildete Pflegekräfte aus Togo werden von Schleppern ausgebeutet – und arbeiten im Bundesfreiwilligendienst oder als Azubis in deutschen Einrichtungen. Sie suchen Schutz bei einem Verein, der sich sonst um Prostituierte kümmert
Illustration von Silke Werzinger: Kopf einer schwarzen Frau nach links und rechts gewandt: Links Geld und Familie, rechts ein rotes Kreuz und ein Pflegeheim
Mit der Arbeit im deutschen Pflegeheim unterstützen Frauen ihre Familien in Togo
Silke Werzinger
Anja Meyer
Privat
08.04.2024
9Min

Eigentlich könnte Anton Weber zufrieden sein. Der Landwirt von der Schwäbischen Ostalb hat im westafrikanischen Togo in den letzten 30 Jahren ein beispielloses Hilfswerk aufgezogen. Eine halbe ­Million ­Euro bringt er mit Unterstützern jährlich auf für das ­schma­le Land am Golf von Guinea. Erst im November konnte der 73-Jährige mit dem markanten Kaiser-­Wilhelm-Bart den Grundstein zur 50. Schule ­legen. ­Krankenstationen und mehrere Frauenkooperativen hat er auf seiner Reise mit Material und Maschinen für die Palmölernte versorgt und konnte sich über das ­kräftige Wachstum in "seinem" Wald auf mehr als 700 000 ­Quadratmetern Fläche freuen.

Mit 53 Auszubildenden der von ihm gegründeten Berufsschule im Norden des Landes hat er nach deutscher Tradition zum Abschluss die Lossprechung gefeiert. Bloß nicht zu lang, die Togolesen wissen inzwischen, ihr Patron Anton muss "schaffe". Viele von insgesamt 1142 Handwerkern, die dort seit vielen Jahren aus­gebildet wurden, haben inzwischen eigene Betriebe mit Mitarbeitenden gegründet. Und beim ersten steht jetzt auch ein Mercedes vor der Tür, das deutsche Statussymbol für einen, der es geschafft hat.

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Pflege und Migration

Mehr als 200 000 Pflegekräfte in Deutschland sind zugewandert, jede achte, die Zahl hat sich ­zwischen 2013 und 2021 ungefähr verdreifacht. Laut Sachverständigenrat für Integration und ­Migration stammen in der Altenpflege 24,9 % aus anderen ­Ländern, besonders häufig arbeiten sie auf Helfer­niveau, seltener als Fachkraft. In der Krankenpflege sind es 16,2 %. Sie kommen vor allem aus Polen, der Türkei, der Russischen Födera­tion, Kasachstan und Rumänien. Auch ­Geflüchtete, vor allem aus Syrien, arbeiten überdurchschnittlich häufig im Gesundheitswesen.

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Ein Glück, dass es so großartige Menschen gibt wie den Landwirt Anton Weber von der Schwäbischen Ostalb. Denn was er an Hilfsprojekten in Togo aufgebaut hat, die vielen Menschen in unterschiedlichsten Bereichen eine Lebensperspektive geben, ist bewundernswert und verdient größten Respekt! Entsetzt bin ich allerdings darüber, dass die jungen togoischen Frauen, die teilweise auch mit Webers Unterstützung den Weg nach Deutschland gefunden haben, um als Pflegekräfte bei uns im Gesundheitswesen tätig zu werden, vor riesigen Hürden stehen, wie es Barbara Schmid eindrucksvoll schildert. Denn obwohl sie zu Hause bereits eine mehrjährige Ausbildung in der Gesundheitspflege absolviert haben, ja in einigen Fällen sogar mehrere Jahre Praxis aufweisen können, müssen sie bei DRK-Einrichtungen in Deutschland ihre Ausbildung wiederholen - weil es hiesige Behörden so verlangen. Das ist angesichts des Pflegenotstands in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen hierzulande blanker Unsinn. Abgesehen davon, dass die jungen Helferinnen aus Togo jahrelang um den erhofften Lohn gebracht werden.

Manfred H. Obländer