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Als gebürtige Hamburgerin bin ich mit Franzbrötchen aufgewachsen. Der buttrige Geschmack mit der ausgeprägten Zimtnote begeisterte ausnahmslos alle, und oft wurden die Leckerei den abreisenden Lieblingsmenschen als Reiseproviant eingepackt. Gabs damals halt nur im Norden.
Mittlerweile gibt es sie auch in Bayern, aber sie sind, sagen wir mal, in die Jahre gekommen und haben sich selbst überholt. Franzbrötchen heute heißt: "cinnamon rolls". Hat einfach ein international klingender Name die provinzielle Variante ersetzt?
Die cinnamon rolls sind ein Hype geworden, als hätte jemand gerade das Rad neu erfunden. Mittlerweile hat das junge Start-Up "cinnamood", das erst 2022 gegründet wurde, 34 Filialen in Deutschland. Die internationale Expansion mit weiteren Stores im Franchise-Konzept geht gerade erst los. Und googelt man "cinnamon roll", kann man sich vor Rezeptvorschlägen kaum retten.
Der Teig ist dank der Hefe deutlich fluffiger als beim Original. Wirklich relevant aber sind die Toppings. Die Krönchen, die der Zimtschnecke aufgesetzt werden: von "white chocolate rasberry roll" über Varianten mit "cookie dough" (rohem Keksteig) oder "carrot cake roll".
Das macht es abwechslungsreich und "instagramable". Die kunstvoll geschichteten Toppings fluten mit den entsprechenden Hashtags das Netz. Da die Toppings variabel sind, kann der Food-Trend schnell in alle Richtungen umgesetzt werden. Wen wundert es, dass es mittlerweile auch schon eine "dubai roll" im Sortiment gibt?
Lohnt sich das Ganze geschmacklich? Ich bleibe skeptisch. Auch wenn die einzelnen Komponenten für sich gut gemacht sind, ist die Kombination too much. Zu viel Süße, zu wenig Kontraste. Und zu mächtig: Bei einigen Toppings kommt eine einzelne Roll auf 700 - 800 Kalorien. Was eher einer Hauptmahlzeit gleichkommt als einem Snack zwischendurch.
Doch ähnlich wie die Dubai-Schokolade vermitteln die Rolls ein Gefühl von Alltagsluxus: Mit einem Preis zwischen vier und fünf Euro können sich viele etwas leisten, was es im Netz zu großer Berühmtheit gebracht hat. Wer den Trend komplett "nachfühlen" will, schminkt sich für den Ausflug ins Café im "cinnamon roll Look". Kein Witz, die kleinen Zimtschneckchen haben bereits einen eigenen Make Up-Trend hervorgebracht.
Ich bleibe beim guten alten Franzbrötchen. Ohne Insta-Stories und Hastags, dafür begleitet von wohligen Kindheitserinnerungen.