Susanne Breit-Kessler -Zitronen
Susanne Breit-Kessler
Gib mir Saures!
Säure bewirkt viel Gutes - besonders im Essen und Trinken
15.02.2023

„Sauer macht lustig“, hieß es bei uns daheim. „Aber erst in drei Tagen.“ Ich habe als Kind gerne in halbe Zitronen gebissen - etwas, das mir inzwischen ziemlich merkwürdig vorkommt. Manche mögen es auch als Erwachsene sauer, so wie mein Mann, der zu meinem Verdruss über nahezu alles, außer über Marmelade vielleicht, Essig gießt. 

Richtig ist allerdings, dass saure Elemente im Essen appetitanregend und verdauungsfördernd wirken, auch, weil der Speichelfluss mobilisiert wird. Dazu intensivieren sie den Geschmack und runden ihn ab. Das macht gute Laune, weil Körper und damit die Seele in ausgewogener Verfassung sind. Die asiatische Küche beweist, wie bekömmlich Säure eingesetzt werden kann.

Kombiniert mit Süße oder Schärfe ergibt sie köstliche Dips, Suppen und Saucen. Gemüse, Fisch oder Fleisch kommen leichtfüßig daher. Man ist nicht pumpvoll, sondern angenehm gesättigt. Dick wird man auch nicht, weil der „Geschmacksträger“ Fett nur eine untergeordnete Rolle spielt. Auf die richtige Menge Säure kann eine delikate, gesunde Küche nicht verzichten.

Was die drei Tage in der Redeweise sollen, habe ich lange überlegt. Vielleicht bedeutet die Anzahl der Tage, dass Säure zwar durchaus gleich schmeckbar, aber ihre gesundheitliche Wirkung im Körper auf eine längere Zeit hin angelegt ist - man also den vollen Effekt erst beginnend nach drei Tagen spürt. Eine gute biblische Zahl …

Ich brauche vor allem für meine grünen Tees immer Zitrone, in die ich längst nicht mehr hineinbeiße. Und Honig. In einem feinen, ausgewogenen Verhältnis. Tee süßsauer sozusagen. Zuhause ist das kein Problem. Ich habe verschiedene Honige zur Hand, meist zurückhaltend in der Note. Bio-Zitronen sind ein „Must“ in meiner Vorratshaltung.

Aber wenn ich unterwegs bin … Es ist manchmal ein Jammer. Da wird Waldhonig angeschleppt, den ich nicht leiden kann. Die Zitronen, die ich auspressen möchte, werden in windigen Spalten serviert, mit einer Metallquetsche, die nichts aus diesen kümmerlichen Scheibchen herausholen kann. Daraus wird kein verlockendes Morgen- oder Nachmittagsgetränk.

Am Schönsten ist es, wenn ich eine halbe Zitrone in einem natürlichen Netz aus Gitterstoff bekomme, das ich zusammendrücken darf. Oder wenigstens eine Handvoll kräftige Schnitze. Gib mir Saures! In den richtigen Dimensionen natürlich … Dann bin ich sehr guter Dinge. Nicht erst in drei Tagen, sondern sofort.

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Kolumne

Susanne Breit-Keßler

Essen und Trinken hält Leib und ­Seele zusammen. Und darüber Neues zu lesen, macht den Geist fit. Viele Folgen lang hat Susanne Breit-Keßler Ihnen Woche für Woche ihre Gedanken dazu aufgeschrieben und guten Appetit gewünscht. Im Sommer 2024 endete die Kolumne. Die Texte sind weiter im Archiv abrufbar.