Schwarzer Einkaufswagen mit Bewegungsunschärfe
Schneller mit dem Scanner am Einkaufswagen? Na ja, kommt darauf an.....
Monticello/Getty Images
Smart Shopper
Zeitmaschine im Supermarkt
Es sind Zeiten des Wandels, überall. Sogar in meinem Stamm-Supermarkt gibt es jetzt einen "Smart Shopper". Eine gute Idee?
Nicole Keller
05.03.2025
3Min

Ich wohne direkt über einem gut sortierten Lebensmittel-Markt, und natürlich bin ich da Stammkundin. Ich wage sogar die These, dass ich meine Einkäufe auch im Halbschlaf verlässlich erledigen könnte. Vor allem aber kann ich einer Leidenschaft nachgehen, die sehr antiquiert ist und mir große Freude macht: das wöchentliche Angebotsblatt studieren. Klar, das ist überhaupt nicht mehr zeitgemäß. Warum gedrucktes Papier, wenn doch auch eine App über die Schnäppchen und Neuheiten der Woche informieren kann? Auch ich habe die App meines Marktes längst installiert. Nur noch nie genutzt.

Das Faltblättchen ist wie eine wöchentliche Reise in die Vergangenheit. Wie ein kleines Kind kann ich mich freuen, wenn ich auf den Fotos meine Lieblings-Pizza entdecke: "Diese Woche günstiger". Meine Söhne teilen meine Leidenschaft für den Angebotsprospekt vollumfänglich, kreuzen an, was sie gern essen möchten und ergänzen die Werbetexte manchmal mit ihren eigenen kleinen Texten. Echt kreativ.

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Als ich kürzlich meine gewohnte Route zum Markteingang nahm, stolperte ich fast über das neue Inventar. Überdimensional große Einkaufswagen, schwarz und an Raumschiffe erinnernd. Ausgestattet mit einem Display und einem Handscanner. "Das sind unsere neuen Smart Shopper!", erklärte mir ein Mitarbeiter voller Begeisterung. "Möchten Sie ihn mal ausprobieren?"

So ganz geheuer war mir das Gefährt nicht. Aber ich war auch neugierig. Also ließ ich mir eine kleine Einführung geben. Eigentlich ganz einfach: Einkaufstasche aufgefaltet in den Wagen geben, Start drücken, und alles, was man einkaufen möchte, scannen und reinlegen.

Ich schob los und war froh, dass gerade keine Rush Hour war. Der Shopper mag smart sein – klein und wendig ist er nicht. Ich scannte: pieps. Und noch mal: pieps. Mit vorverpackten Artikeln wirklich eine schnelle Nummer. Das Display teilte mir mit, wie teuer der Einkauf bisher war. Dann zum Gemüsestand. Dank kürzlich eingeführter Selbstbedienungs-Kassen kannte ich das Procedere bereits. Das Display gab mir alphabetisch vorsortierte Möglichkeiten, sodass ich Bananen, Äpfel und Tomaten gleich zuordnen konnte. Pieps. Pieps. Pieps.

Läuft doch ganz gut, dachte ich, während ich das Monstrum vor mir herschob. Jetzt nur noch bezahlen. Doch hier wurde es eher stressig als smart: Aktuell ist der Check-Out nämlich nur an den recht engen Selbstbedienungs-Kassen möglich. Ich suchte nach einer ausreichend großen Lücke, versperrte mit dem Wagen fast zwei Terminals und war froh, als ich schließlich mit Karte bezahlen und den Markt verlassen konnte.

"Und? Wie wars?", fragte mich der Mann, der mir die Einweisung gegeben hatte, erwartungsvoll. Ich bemühte mich um Souveränität und lächelte, doch in meinem Kopf wuchs die Skepsis. So richtig begeistert hat mich das Teil nicht - und sowieso überlegte ich mir gleich, wohin das wohl alles führen würde? Wann räumen Roboter die Regale im Markt ein? Und wird mir eines Tages der Algorithmus vorschlagen, was ich einkaufen sollte, noch bevor ich selbst darüber nachgedacht habe? Mhh ...

Anscheinend bin ich mehr Traditionalistin, als ich es mir eingestehen möchte. Den Beweis dafür lieferte der nächste Einkauf: Am Eingang, direkt neben den Smart Shoppern, stand ein großer Stapel mit roten Einkaufskörben, davor ein Aufsteller mit Schild: "Mit Herz und Korb: Wer braucht schon DatingApps? Liebe findest du hier! Schnapp dir einen roten Einkaufskorb und zeige, dass du offen für ein nettes Kennenlernen bist."

Analoger Schnack am Gemüseregal statt digitaler Piepstöne? Viel, viel besser! Ich griff zum Korb.

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Kolumne

Katharina Wilck

Die Freude an gutem Essen und das Erzählen schöner Geschichten, das sind zwei große Leidenschaften von Küchenzeile-Autorin Katharina Wilck. Und bitte alles immer gut gewürzt, denn die gelernte Journalistin mischt in ihrer Hamburger Manufaktur spannende Gewürze zusammen. Jeden zweiten Mittwoch.