US-Vizepräsident J. D. Vance hat in seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz klargemacht, dass auch in Sicherheitsfragen "America first" gilt. Etwa zwei Wochen hatte Vance in einem Interview mit dem Fernsehsender Fox News seine Sicht auf Immigration und Entwicklungshilfe mit den Worten erklärt: "Du liebst zuerst deine Familie, dann deinen Nachbarn, dann die Gemeinschaft, dann die Mitbürger und das eigene Land und danach kann man sich um den Rest der Welt kümmern." Vance bezeichnete das als "altes christliches Konzept".
Als ihn der britische Politiker Rory Stewart auf X für sein "bizarres" Verständnis des Christentums kritisierte, empfahl ihm Vance: "Google einfach ‚Ordo Amoris‘." Lateinisch für "geordnete Liebe". Es handelt sich um ein Konzept aus den Schriften des Kirchenvaters Augustinus aus dem 4. Jahrhundert. Ist das das religiöse Weltbild, das J. D. Vance vertritt? Und wie wirkt sich das auf die Politik eines der wichtigsten Männer in den USA aus?
Vance wächst in den 1980ern in Middletown auf, einer vom Verfall der Stahlindustrie geprägten Kleinstadt in Ohio. Sein Vater hat die Familie früh verlassen, seine Mutter ist drogenabhängig. Vance wohnt deshalb bei seinen Großeltern. Seine Großmutter ist zwar gläubig, geht aber nicht in die Kirche. Bei ihr läuft im Fernsehen der evangelikale Erweckungsprediger Billy Graham. Besucht er dagegen seinen Vater, gehen sie gemeinsam in eine Pfingstgemeinde. So erzählt er es in seinem autobiografischen Buch "Hillbilly Elegy". Am College folgt eine atheistische Phase. Nach seinem Jurastudium arbeitet er zunächst als Anwalt und Investor. 2019 konvertiert er zum Katholizismus.
J. D. Vance steht politisch für eine antimoderne Weltsicht. Er wünscht sich starke amerikanische Familien, das heißt für ihn: Familien mit vielen Kindern. Er möchte Abtreibung und Pornografie verbieten und verachtet "kinderlose Katzenfrauen". In einem Essay erzählte er 2020, wie es zu seiner Konversion kam. Der Titel ist vielsagend: "How I joined the resistance".
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