Pietrino Culurgione, 106 Jahre alt
Pietrino Culurgione, 106, wr Ziegenhirte. Mit 100 hörte er auf zu arbeiten
Luigi Corda
Menschen im hohen Alter
"Ich genieße jeden Schluck Espresso!"
Auf Sardinien werden überdurchschnittlich viele Menschen 100 Jahre oder älter. Was ist ihr Geheimnis?
Ivo Corrà
Privat
11.07.2024
14Min

Als Pietrino Culurgioni geboren wurde, hatte Österreich noch einen Kaiser und Russland einen Zaren. Der Erste Weltkrieg wütete in Europa, auf den Straßen fuhren ­ Pferdekutschen, in den Kinos flackerten die ersten Charlie-­Chaplin-Stummfilme zu Klaviermusik.

Heute sitzt Pietrino Culurgioni aufrecht im Sessel ­neben dem Holzofen und strahlt uns mit wachen Augen an. Er zieht seine Schiebermütze auf dem Kopf zurecht und grüßt mit festem Handschlag. "In den Armen habe ich viel Kraft, weil die Krücken sie trainieren. Aber seit diesem Jahr wollen die Beine nicht mehr so richtig", sagt er mit etwas zu lauter Stimme.

Culurgioni ist 106 Jahre alt. Wenn er spricht, ­gestikuliert er mit den riesigen Händen. Mit neun Jahren fing er an zu arbeiten, sein Leben lang war er Ziegenhirte. Bis er 100 wurde, führte er noch jeden Tag seine Herde selbst auf die Weide, melkte und versorgte die Tiere. Mit 103 begleitete er noch seinen 75-jährigen Sohn, um ihm über die Schulter zu schauen.

Hohes Alter: Wie nutzt man die letzten Lebensjahre?

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Infobox

In der Blue Zone auf Sardinien gibt es genauso viele hundert­jährige ­Männer wie Frauen. Das ist einzigartig. In anderen Blue ­Zones kommen statis­tisch auf jeden hundertjährigen Mann vier Frauen.

Auch in Deutschland leben Hundertjährige: rund 25 000 Menschen, ein Fünftel davon sind Männer. Die durchschnittliche Lebenserwartung zum Zeitpunkt der Geburt liegt derzeit bei 80,6 Jahren – und damit ist Deutschland in Westeuropa Schlusslicht. Wie bitte? Ja, der Abstand hat sich in den vergangenen Jahren sogar vergrößert, ergab eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungs­forschung und des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung im Mai 2024. Woran liegt’s? Man vermutet, es gebe Aufholbedarf bei Präven­tion und Früherkennung von Herz-Kreislauf-­Erkrankungen; Gleiches gelte für Tabak- und Alkohol­prävention sowie gesunde Ernährung.

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Sehr geehrte Damen und Herren,

keiner will alt sein, aber alle wollen alt werden und dabei fit und gesund bleiben und möglichst auch gesund sterben. Vielen Dank, dass Sie so ausführlich im Interview mit Elke Heidenreich und Caroline Wahl über die Probleme des Alterns und des Alters berichtet haben und das Geheimnis der Hundertjährigen auf Sardinien so großartig gelüftet haben! Im Gegensatz zu den mit der Natur im Einklang lebenden Langlebigen versuchen die Verjüngungsforschung und die Anti-Aging-Industrie, in die Superreiche wie der deutsch-amerikanische IT-Unternehmer Peter Thiel oder Amazon-Gründer Jeff Bezos Milliarden investieren, die Grenzen des Lebens herauszufordern und den Tod mit der neuen Wissenschaft der epigenetischen Theorie des Alters hinaus zu zögern.

Die Ingenieure des Übermensen vergessen dabei, dass unser Leben endlich, unwiederholbar und kostbar ist. Würde es nur immer bis in die Ewigkeit weitergehen, könnte es weder Sinn, noch Würde oder Schönheit haben. Bei einer Lebenserwartung von angedachten 150 Jahren würde die Weltbevölkerung auf 25 Milliarden Menschen anwachsen statt der heutigen mehr als acht Milliarden. Allein das zeigt doch, dass die Wissenschaft auf einem erschreckenden Irrweg ist, indem sie Gott als dem Schöpfer unseres Lebens ins Handwerk pfuschen will. Auch diese Seite der Langlebigkeit muss noch stärker beleuchtet werden!

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Henning Koch

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Vielen Dank für den tollen Artikel über die 100-jährigen auf Sardinien. Ich las jede Zeile aufmerksam und interessiert. Und ich fühlte mich bestätigt, denn auch mir ist sehr bewusst, wieviel Einfluss mein Lebensstil auf meine körperliche und seelische Verfassung hat. Ernährung und regelmäßige moderate Bewegung sind existenziell. Und natürlich die eigene Haltung zu sich selbst und zum Altern. Optimismus, Akzeptanz und Gelassenheit übe ich jeden Tag und diese lassen mich fröhlich älter werden. Und ich muss wissen, wozu ich lebe, wie ja im Artikel auch beschrieben. Was ist mein Sinn? Was sind meine Leidenschaften? Wo geht mein Herz auf? Dies herauszufinden, hat mein ganzes Leben verändert, so dass ich mich nun darauf freue, möglichst alt zu werden, mit allem, was dazugehört. Ein wirklich ganz toller Artikel! Danke!

Viele Grüße!

Steffie Haddenga

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den genannten Artikel habe ich mit sehr großem Interesse gelesen. Dabei sind mir sehr, sehr viele Parallelen zum Leben meines Vaters eingefallen.
Er durfte im Hohenlohischen, BW, ein ähnliches Leben führen wie die in dem Artikel vorgestellten Personen:

- * 1906 + 2009
- bis zu einem 100. Geburtstag war er berufstätig. Als Schneider konnte er immer noch Reparaturen an Kleidungsstücken vornehmen
( Reißverschlüsse, Knöpfe, Flicken einnähen, längen, kürzen, bügeln). Und das nicht nur für die Familie.
- in der Gegend nannten ihn alle Onkel, weil er bei seiner Nichte wohnte.
- er hatte jeden Tag auf einem Bauernhof, auf dem viel Kundenverkehr war, viele Kontakte.
- bis in seine 90iger Jahre betreute auch er die kleinen Kinder auf dem Hof und war an einer Kleinkindkrappelgruppe beteiligt.
- sein Essverhalten war moderat und verhalten.
- er zeigte sich stets zufrieden, zugewandt, kommunikativ und liebevoll.
- krank im eigentlichen Sinn war er nicht.
- mental und kognitiv war er präsent und interessiert.
- die Ärztin kam gelegentlich. Sie war dann vor allem Gesellschafterin.
- Sein Glaube und die religiösen Rituale waren ihm wichtig.
- Der Gevatter kam ganz plötzlich beim Abendessen am Tisch.

° Für sein Leben sind nicht nur wir als Familie sehr dankbar.
° Auch die große Anzahl der Trauergäste sprachen für seine Beliebtheit.

Alle diese Gedanken kam mir wieder beim Lesen des genannten Artikel in den Sinn.

Mit freundlichen Grüßen
Engelbert Humm

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Liebe Frau Lucia Paulis!

Ihr Artikel in Chrismon 7/24 über die Hundertjährigen fand ich hervorragend! Wir Ärzte hier in Deutschland glauben, dass durch Vorsorgeuntersuchungen das Leben verlängert werden kann. (und verdienen in der Regel viel Geld damit!) Meine Frage: Gehen die Menschen in Sardinien auch zur Vorsorge oder ist das kein Thema?
Mit freundlichen Grüßen Dr. Kern, Internist, Palliativmed.