Liebe Leserin, lieber Leser,
in der Whatsapp-Gruppe meiner Hausgemeinschaft poppen regelmäßig Nachrichten wie diese auf: "Hallo, liebe xy, dein Paket liegt bei mir", oder oft auch "Hallo in die Runde. Heute ist für mich ein Paket abgeliefert worden. Wer hat es angenommen?"
Wir leben mitten in Hamburg, viele Geschäfte sind in Laufnähe erreichbar. Doch meine nette Nachbarin, für die ich häufig Pakete entgegennehme, erzählt mir immer wieder, dass sie zum Shoppen keine Zeit habe. Außerdem sei das T-Shirt online so viel billiger – und wenn es nicht passt, könne sie es zurückgeben.
Vor einigen Wochen interviewte ich Dieter Overath, der 1992 den Verein "Fairtrade e. V." mitbegründet hat, drei Jahrzehnte dort als Vorstand tätig war und dieses Jahr in Rente ging. 2021, so berichtete er, sei für den Verein ein "Rekordjahr" gewesen. Für 2,1 Milliarden Euro wurden faire Produkte in Deutschland umgesetzt. Ein Bereich hinke jedoch enorm hinterher: "Unser Kleidermarkt ist im Kern verrottet."
Seine Anmerkung erinnerte mich an eine Geschichte, die wir vor einigen Jahren bei chrismon veröffentlicht haben: Über 1000 Menschen waren bei dem Einsturz einer Billigkleiderfabrik in Bangladesch gestorben, zu ihnen gehörte auch der Sohn von Rahela Begum. Am Abend vor dem Einsturz hatte er, Arbeiter in dieser Fabrik, der Mutter von Rissen im Gebäude erzählt: "Ich hörte nicht richtig hin. Am nächsten Morgen erfuhr ich vom Einsturz und eilte hin", berichtet sie. Der Sohn war tot.
Wie können wir fairer einkaufen? Seit letztem Jahr gibt es in Deutschland endlich das Lieferkettengesetz. Ein Anfang zumindest, auch wenn es noch viel Nachholbedarf gibt. Auch Textilsiegel wie der "Grüne Knopf" helfen. Wir können unsere Lebensmittel gezielt regional und saisonal einkaufen, die müssen nicht immer teurer sein als vergleichbare Produkte im Supermarkt. Statt Billig-T-Shirt via Amazon kann man nach Secondhandkleidung schauen; selbst unser Geld können wir nachhaltig anlegen.
In wenigen Tagen startet die diesjährige "Faire Woche". Bis Ende September gibt es Events und Aktionstage, im ganzen Bundesgebiet sind es an die 2000 Veranstaltungen zu allen Themen des fairen Handels. Das Motto in diesem Jahr lautet: "Fair steht dir – #fairhandeln für Menschenrechte weltweit".
Ich werde meiner Nachbarin davon berichten. Vielleicht denkt sie noch mal darüber nach, ob es wirklich immer das Billig-T-Shirt im Onlinehandel mit dem einhergehenden Verpackungsmüll sein muss. Unsere Altpapiercontainer sind nämlich auch chronisch überfüllt.
Gibt es bei Ihnen in der Gegend faire Läden?
Viele Grüße
Dorothea Heintze
chrismon-Autorin