Ab ins Schwimmbad - äh, nein
Kinder lieben es zu plantschen, als Erwachsener muss man schon mal mitziehen - trotz eventueller Vorbehalte...
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Freibad, Hallenbad und Co.
Ab ins Schwimmbad - äh, nein
Ich habe ein Problem mit Schwimmbädern. Das stellt mich besonders im Sommer vor Gewissensfragen. Ein chrismon-Text hat mir geholfen, mein Gewissen zu beruhigen
Tim Wegner
11.07.2024
3Min

Ich habe an dieser Stelle ja mal geschrieben, dass ich Jogginghosen hasse. Trotzdem und auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt als Hater rüberkomme: Es gibt noch etwas, das ich hasse: Schwimmbäder.

Die Vorstellung, in einem Becken mit Hunderten anderen Menschen zu sein, durch deren Hautschuppen zu tauchen, die sich durch das Wasser lösen, und durch ihren Nasenauswurf, der sich, ob sie es wollen oder nicht, mit dem Wasser vermischt: nein, danke.

Völlig absurd finde ich auch, dass Menschen mit einem Kopfsprung in so ein Schwimmbecken springen und dann mit einem erfrischten Gesichtsausdruck auftauchen. Ah, endlich wieder in menschliche Ausscheidungen gehüpft, wunderbar.

Okay, das Wasser ist mit viel Chlor versetzt, das diese Dinge unschädlich macht. Aber dadurch wird mir die Vorstellung eines Schwimmbades auch nicht angenehmer. Was soll daran besser sein: Ah, endlich wieder in Chemie gesprungen, herrlich – auch hier, nein danke!

Dürfen Christen hassen? Lesen Sie hier eine Antwort

Ich will mich jetzt nicht weiter auslassen, aber ein paar Stichworte noch, nur, weil viele jetzt denken könnten: Na ja, soll er sich mal nicht so haben. Also hier, bitte: Fußpilz, trockene Haut, Haare, überall Haare, Schwimmwindeln, Menschen, die denken "warum duschen, ich spring’ ja eh gleich ins Wasser", eng umschlungene Liebespaare in der hintersten Ecke des Beckens.

Es gäbe noch mehr, aber lassen wir es dabei.

Aber, Sie werden es sich schon gedacht haben: Meine Kinder lieben Schwimmbäder. Und sie sind noch zu jung, um alleine dorthin zu gehen. Zum Glück war das Wetter diesen Sommer bisher ja auf meiner Seite. Aber kaum ist mal richtiges Sommerwetter, bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Denn die Kinder wissen natürlich, wie sie mich kriegen. Also bekomme ich zurzeit ständig zu hören: "Papa, wir waren dieses Jahr noch gar nicht im Freibad." Oder: "Der Papa von X geht aber jeden Tag mit ihm ins Schwimmbad."

Ich denke also derzeit: Nehme ich die Wünsche meiner Kinder nicht ernst, weil ich nicht mit ihnen ins Schwimmbad gehe? Werden sie gar einen Schaden nehmen, weil ich nicht mit ihnen dorthin will? Das ist ja eines der Grundprobleme des Elternseins und Familienlebens: die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bringen. Schlecht wäre es, wenn sich immer die Erwachsenen durchsetzen. Aber das kann man bei uns nicht behaupten. Immerhin fahren wir die Kinder mehrmals in der Woche zu ihrem Sport und kochen mindestens einmal in der Woche Spaghetti Bolognese.

Man muss sich auch eingestehen, etwas nicht zu schaffen. Das ist allerdings nicht einfach, besonders wenn es um Elterndinge geht. Andere Eltern erzählen gerne von ihren Großtaten: bunte, selbstgebackene Cupcakes mit Namenszug zum Geburtstag, Mottoparty mit selbst gebastelter Deko zur Einschulung oder ein großes Familienfest zum Übergang von der Grundschule zum Gymnasium (ja, es ist immer das Gymnasium). All das macht das Gewissen schwerer, wenn ich einfach keine Lust auf Schwimmbad habe.

Da war ich sehr erleichtert, als ich in einem schönen Text in chrismon über Hundertjährige gelesen habe, dass einer der Gründe für das hohe Alter wohl Gelassenheit ist. Und dazu gehört auch sich einzugestehen, nicht alles zu können. Worüber werden sich die Kinder mehr freuen, wenn sie erwachsen sind und ich alt bin? Über die Erinnerungen an ein paar Schwimmbadbesuche? Oder über einen gut gelaunten, gesunden, weil gelassenen Vater, der lange lebt? Das hat mein Gewissen beruhigt.

Und zum Glück sind bald Sommerferien. Da werden wir am schönen Wörthersee in Kärnten sein, und es kann so viel geschwommen werden, bis selbst die Kinder genug haben. Und wenn beim Tauchen ein Schluck des Seewassers in den Mund schwappt, macht es gar nichts. Einfach schlucken und Durst stillen. Und zum Abendessen gibt es Forelle aus dem See – herrlich!

Kolumne

Michael Güthlein
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Konstantin Sacher

Michael Güthlein und Konstantin Sacher sind Väter: ein (1) und drei Kinder (10, 9, 6). Beide erzählen über ihr Rollenverständnis und ihre Abenteuer zwischen Kinderkrabbeln und Elternabend, zwischen Beikost und Ferienlager. Ihre Kolumne erscheint alle zwei Wochen; sie schreiben im Wechsel.