Lachen kann dabei helfen, Missverständnisse in der Kommunikation aufzulösen
Lachen kann dabei helfen, Missverständnisse in der Kommunikation aufzulösen
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Wie können wir uns verstehen?
Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) lebten im Jahr 2022 in Deutschland 20,2 Millionen Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Das sind 24,3 Prozent der Bevölkerung. Für Menschen mit unterschiedlichen Gewohnheiten und Lebensgeschichten kann es schwer sein, einander zu verstehen. Aber es ist möglich.
18.09.2023

Eine deutsche Freundin erzählte mir, dass es jetzt ein neue Mitarbeiterin in ihrem Büro gibt. Sie kommt aus der Ukraine und ist eine gute Spezialistin. Die Kommunikation mit ihr klappt jedoch nicht. Meine Bekannte klagte: „Wir haben ständig Konflikte. Die neue Kollegin aus der Ukraine versteht beim ersten Mal nicht immer, was ich ihr auf Deutsch sage, und fragt noch einmal. Ich muss es oft wiederholen und mag das nicht. Ich verstehe auch ihre Meinung und ihre Gewohnheiten nicht immer. Wir sind sehr unterschiedlich, und ich weiß nicht, wie ich ein Gespräch mit ihr aufbauen soll. Ich weiß, dass sie aufgrund des Krieges in der Ukraine viele Probleme hat und diesen Job braucht. Ich sympathisiere mit ihr, fühle mich aber gleichzeitig sehr wütend und gereizt bei der Kommunikation mit ihr.“

Ich verstehe dieses Problem sehr gut, denn mein ganzes Leben lang (ohne Übertreibung!) war ich in einer Situation, in der zwei verschiedene Menschen versuchten, einander zu verstehen und Konflikte zu vermeiden. Meine Mutter ist Ukrainerin und mein Vater ist Georgier. Das sind zwei völlig unterschiedliche Kulturen und unterschiedliche Einstellungen zum Alltag. Daher war es für sie nicht immer einfach, miteinander zu kommunizieren.

In einem früheren Artikel habe ich über allgemeine Empfehlungen für die Kommunikation mit Flüchtlingen gesprochen. In diesem Artikel möchte ich Empfehlungen geben, wie man Konflikte vermeiden kann, wenn sie im Alltag aufgrund unterschiedlicher Lebenserfahrungen und Mentalitäten auftreten.

Seit meiner Kindheit bin ich von verschiedenen Nationalitäten umgeben, hatte schon vor dem Krieg in der Ukraine engen Kontakt zu Flüchtlingen aus anderen Ländern und habe jetzt eine Beziehung mit einem Deutschen. Die Erfahrung meines gesamten Lebens zeigt mir, dass Konflikte erstens unvermeidlich sind. Und zweitens: gibt es nur einen Ausweg - den Sinn für Humor.

Und ich meine das jetzt absolut ernst.

Gesprächspartner*innen vertrauen

Meine wichtigste Empfehlung lautet also: Wenn Sie Ihre*n Gesprächspartner*in nicht verstehen, wütend oder gereizt sind, und feststellen, dass das Gespräch zu einem Konflikt wird, machen Sie dringend einen Witz. Am besten geht es um Sie selbst und nicht um Ihr Gegenüber (oder irgendjemanden anderen). Psychologen sagen, wenn man in Gesellschaft anderer Menschen Witze über sich selbst macht, spüren diese unbewusst, dass man keine Angst davor haben muss, lustig und verletzlich zu wirken. Dies trägt dazu bei, das Vertrauen in zwischenmenschlichen Beziehungen zu steigern und beiden Gesprächspartnern ein Gefühl der Sicherheit zu geben.

Humor spielt beim Menschen eine globale Rolle in den Schutzmechanismen der Psyche. Es hilft, mit der Ungerechtigkeit der Welt, verschiedenen Widersprüchen und Krisensituationen umzugehen. Bei aufrichtigem Lachen werden Glückshormone produziert – Endorphine. Sie sind ein natürliches Schmerzmittel. Deshalb reduziert ein guter Witz sofort den Konfliktgrad zwischen den Gesprächspartnern und hilft, sich auf eine positive Welle einzustimmen. Fügen wir dazu das oben besprochene Gefühl des Vertrauens hinzu, und nun sind beide Seiten bereit, sich in Ruhe anzuhören und einen Kompromiss zu finden.

Lachen steigert die Produktivität

Dies ist besonders wichtig, wenn die Kommunikation am Arbeitsplatz oder in einem Schulungszentrum stattfindet.

Eine im International Journal of Humor Research veröffentlichte Studie aus dem Jahr 2017 ergab, dass der Einsatz von Humor in einer Lernumgebung den Schülern helfen kann, ein tieferes Verständnis für den Stoff zu entwickeln. Und Daniel Sgroi, Wirtschaftsprofessor an der Warwick University, behauptet, dass Lachen die Produktivität eines Menschen um 12 Prozent steigert.

Durch das Lachen entdecken wir neue Möglichkeiten, es kommen uns neue Ideen und Lösungen, die Arbeit geht schneller von der Hand und wir sind in der Lage, kreativer an Prozesse heranzugehen. Dies wird auch durch Untersuchungen der Stanford University bestätigt, die bewiesen haben, dass Menschen, wenn sie gelacht haben, in der Lage sind, die Arbeit innerhalb einer Stunde zu erledigen, für die ein anderer Angestellter ein Stunde und 20 Minuten benötigt.

Wir sollten lernen, öfter zu lachen

Als Kind verstand ich nicht, warum meine Eltern manchmal über völlig unbedeutende Dinge stritten und schrien, während sie andererseits selbst in schweren Situationen Streit vermieden. Jetzt ist mir klar, dass es möglich war, Konflikte und Beleidigungen zu vermeiden, wenn einer von ihnen scherzte und beide lachten. Ich sehe dasselbe Muster in meiner Beziehung mit einem Deutschen.

Mir ist auch klar, dass die Fähigkeit zum Scherzen trainiert werden muss. In den meisten Fällen sind negative Emotionen viel stärker, sodass wir bei Streit und Missverständnissen alle Methoden vergessen, um Streit zu vermeiden. Aber wenn Sie jeden Tag üben, auch in angenehmen Situationen, wird sich nach und nach die Fähigkeit entwickeln, Missverständnisse in etwas Positives umzuwandeln.

Generell denke ich, dass die Fähigkeit zum Witze reißen in der Kindheit vermittelt werden sollte. Schließlich ist dies eine universelle Methode, Konflikte zu vermeiden. Und wenn man es aus egoistischer Sicht betrachtet, dann ist dies auch eine großartige Methode, das eigene Nervensystem zu schonen und sich nicht durch Kleinigkeiten irritieren zu lassen.

Schließlich ist unser Umgang miteinander nur vorübergehend. Manchmal dauert unsere Kommunikation eine halbe Stunde und wir werden uns in diesem Leben nie wieder sehen. Und wenn es dann möglich ist, Streit und Irritationen zu vermeiden, dann ist es besser, dies zu tun. Passt aufeinander auf. Passen Sie auf sich auf.

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Welche Gewohnheiten sind es denn, die so entscheidend sind für die gegenseitige Akzeptanz ?
Traumata wie Kriege sind für die s.g.n. Einheimischen zwar schon längst Vergangenheit, obwohl es jede Menge unreflektierter Traumata gibt, und auch unterschiedliche Geschichten.
Auch hier klappt das Zusammenleben oft nicht.

Die größten Differenzen im Zusammenleben aber entstehen durch kulturelle Unterschiede. Wenn man also diese auf einen kleinen gemeinsamen Nenner bringen könnte ?

Aber ich will nicht langweilen, denn wer will noch heute auf Höflichkeit setzen ?
Völliger Unsinn.

" Generell denke ich, dass die Fähigkeit zum Witze reißen in der Kindheit vermittelt werden sollte. "
Prinzipiell ist das schon ein Lacher !
Um Witze zu reißen, braucht es sehr viele Kenntnisse, kulturelle, sprachliche, und muss wissen, wer über was lacht, was darf man sagen, was nicht, was ist rassistisch, was frauenfeindlich, was homophob, was unter die Gürtellinie zielt, was kränkt, verletzt, was verständlich ist, was nicht, weil es Leute aus anderen Kulturkreisen vielleicht gar nicht begreifen können.
In den Medien gibt es viele Komiker, gute wie schlechte, vermute ich, weil ich nicht viele kenne.

Die " egoistische Sicht " , die Sie bevorzugen, eignet sich nicht dafür, um Frieden zu stiften.
Eine Meinung ist nichts als die Meinung eines einzelnen Individuums , selbst wenn es heute üblich ist, auf einzelnen Meinungen ganze Communitys zu bauen.

Worauf gründen sich persönlichen Ansichten, warum denken Einzelne, wie sie denken ?
Persönliche Erfahrungen sind prägend, aber nicht einzigartig in der Art, dass sie das Individuum über andere hervorheben.
Arroganz führt dazu, dass wir an solche Irrtümer glauben. Diese Arroganz beruht auf Egoismus.

Ich habe ein schönes Zitat gefunden, das Leo Tolstoi zugeschrieben wird:
" Wer etwa daran zweifelt, dass Weisheit und Selbstaufgabe untrennbar miteinander verbunden sind, der soll einmal darauf achten, wie am anderen Ende Dummheit und Egoismus immer Hand in Hand gehen.“

Kolumne

Tamriko Sholi

Wer bin ich, wenn ich keine Heimatgefühle mehr habe? Was machen Krieg und Flüchtingsdasein mit mir? Darüber schreibt die ukrainisch-georgische Schriftstellerin Tamriko Sholi in Transitraum