Ahnenforschung
Sie ­kannte nicht mal seinen Namen
Nach 25-jähriger Recherche findet Nicole Läderach heraus, wer ihr Großvater ist. Was sie herausfand, war schockierend
Collage aus Illustrationen und einem Foto der Autorin
Nicole Läderach betreibt Familienforschung. Illustriert von Véronique Stohrer
Véronique Stohrer
Nicole LäderachPrivat
Véronique StohrerPrivat
03.02.2024
16Min

Als Kind war ich verwirrt. Warum BRD und DDR, wenn doch beides Deutschland ist? Als Tochter eines Deutschen hätte ich ein Recht auf eine Erklärung gehabt, fand ich. Immerhin war mein Vater dort geboren und aufgewachsen. Es hieß, ich sei noch zu klein, um das zu ­verstehen. Drängender aber waren andere Fragen: Warum hat mein Vater keinen Vater? Ich dafür eine Oma, die gar nicht meine Oma ist? Mein Vater nannte sie dennoch ­Mama und liebte sie innig. Seine leiblichen Eltern durften kein Thema sein. Meine Schwester und ich akzeptierten das, er würde seine Gründe haben.

Geboren im Januar 1953 in der Nähe eines amerikanischen Militärstützpunktes in Bayern, war unser Vater der Sohn eines ihm unbekannten US-Soldaten und einer damals 19-jährigen Sudetendeutschen. Unehelich. Im tiefkatholischen Allgäu. Etwas Schlimmes muss in seiner frühesten Kindheit vorgefallen sein – darauf wollte Vater nicht eingehen –, auf alle Fälle sei er, wenige Monate alt, zu einer Pflegemutter gekommen. Eine Witwe, die ihm Liebe gab und ein Zuhause. Meine Oma Elisabeth. Von seiner leiblichen Mutter wollte er nichts wissen.

Aber ich selbst fühle eine schwer zu beschreibende ­Leere. Die Frage, wer meine Großeltern sind, lässt mir ­keine Ruhe. Man kennt das, wenn es um Menschen geht, die durch eine Samenspende gezeugt oder adoptiert ­worden sind – ihre Orientierungslosigkeit, die innere Unruhe. Auch ich erlebe mich als rastlos. Obwohl es ja nur die Großeltern sind.

Lesen Sie hier: Prominente Kriegsenkel über Geheimnisse ihrer Familien

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Habe gerade "Wo ist Großvater?" von Nicole Läderach gelesen. Ganz großes Kino! Inhaltlich und stilistisch ein Meisterwerk. Kein Drehbuchautor hätte sich das ausdenken können.
MfG
Oliver Vornberger
Osnabrück

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Das Verhalten der Protagonistin ist mir schwer verständlich - ich bin allerdings auch nicht betroffen (soweit mir bekannt).
Entscheidend sind die Personen, mit denen man aufwächst. Gene sind gegeben, egal woher und nach der Zeugung (fast) nicht mehr änderbar, egal ob der Spender anwesend war oder nicht.
Falls sich die erziehende Mutter oder der erziehende Vater explizit abweichend verhalten, bekommt das Kind nachträglich eine Erklärung – dies ist aber der einzige Gewinn (eventuell noch ein Erbe oder eine Warnung vor Krankheiten).
Die übertriebene Suche nach den Vorfahren ist eine unproduktive Sucht, nahe an Erlösungshoffnungen.

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Ein toller, lesenswerter Bericht - emotional geschrieben und aufbereitet!

Kompliment an die Autorin; ich habe den Text sehr gern gelesen.