Auch Rechtsextreme haben religiöse Fragen und Überzeugungen. Das unterscheidet sie von Linksextremen, die zumeist atheistisch und religionsfeindlich eingestellt sind. Aber die Religion der Rechten ist ein weites Feld mit großen Unterschieden zwischen den Lagern und Strömungen.
Relativ einfach ist es bei den Neonazis – die so "neo" nicht mehr sind. Sie erkennt man an ihrer Feindschaft zum Christentum. Dieses erscheint ihnen "artfremd", als eine "undeutsche" Spielart des Jüdischen. Ihr Credo lautet deshalb: "Odin statt Jesus". So kann man es auf ihren T-Shirts lesen oder auf ihren Rechtsrock-Konzerten hören. Sie hängen einem germanischen Heidentum an, allerdings ohne zu wissen, dass dieses eine Erfindung völkischer Kreise des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts ist. Denn über die tatsächliche Religion der Germanen gibt es kaum authentische Quellen.
Interessanter sind die sogenannten "Neuen Rechten". Sie bildeten sich nach dem Zweiten Weltkrieg und versuchten, einen autoritären Extremnationalismus zu begründen, der unabhängig von der Schuld und dem Scheitern der NS-Diktatur sein sollte – ein widersprüchliches Vorhaben, das aber inzwischen die ideologische Grundlage der AfD bildet. Ihre heutigen Lautsprecher heißen Götz Kubitschek und Karlheinz Weißmann. Religion spielt bei den Neuen Rechten durchaus eine Rolle, denn sie verstehen diese als Kraftquelle einer nationalistischen Identität. Sie hat also keinen echten Eigenwert, sondern soll einer nationalen "Ordnung" dienen.
In diesem Sinne vertreten die Neuen Rechten ein antimodernes, auf das eigene Volk verengtes Christentum katholischer oder protestantischer Prägung. Dabei fällt auf, wie schwer sie sich mit den Inhalten des christlichen Glaubens tun, vor allem wenn es um die Liebe Gottes zu allen Menschen oder das Gebot der Nächsten- und Feindesliebe geht. Diese Schwäche übertönen sie mit lauter Kritik an den Kirchen und deren Engagement für Menschenrechte.
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