AfD-Fraktion im Bundestag
Die AfD-Fraktion im 2025 gewählten Bundestag
Markus Schreiber/ap/picture alliance
Die AfD ist rechtsextrem
Jetzt ist es amtlich
Der Verfassungsschutz stuft die gesamte AfD als gesichert rechtsextremistisch ein. Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung müssen reagieren – und einen Verbotsantrag auf den Weg bringen. Ein Kommentar
Tim Wegner
02.05.2025
3Min

Diese Nachricht wird auch auf dem Evangelischen Kirchentag in Hannover für Debatten sorgen: Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die gesamte AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Bisher galt dies nur für einige Landesverbände.

Inhaltlich ist die Einstufung der Verfassungsschützer keine Überraschung mehr. Die Rhetorik der sogenannten "Alternative für Deutschland" war in den vergangenen Jahren und Monaten immer aggressiver geworden.

"Der heutige Tag ist eine Zäsur"

Vertreterinnen und Vertreter der Partei stellen Menschen nicht-deutscher Herkunft immer wieder unter Generalverdacht, werben ungeniert mit "Remigration", was nichts anderes hieße als: Hätte die AfD das Sagen, ließe sie Menschen, die ihr nicht "deutsch" genug erscheinen, außer Landes schaffen. Man muss klar sagen, was das hieße: Deportationen. Die Gutachter kommen entsprechend zu dem Schluss: Die Partei verstößt gegen die zentralen Prinzipien unserer Verfassung – gegen die Menschenwürde, das Demokratieprinzip und das Rechtsstaatprinzip.

Die Brandmauer zur AfD muss stehen

Der heutige Tag ist eine Zäsur, für viele und in vielerlei Hinsicht: Für Medien, die sich der Demokratie verpflichtet fühlen, gibt es keinen Grund mehr, AfD-Funktionäre in Talkshows einzuladen, als seien sie Vertreter legitimer Ansichten. Niemand muss Verfassungsfeinden das Wort erteilen!

Für die Politik bedeutet der heutige Tag: Es gibt keinen Grund mehr, keinen Verbotsantrag beim Bundesfassungsgericht zu stellen. Dazu berechtigt sind Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung. Keines dieser Verfassungsorgane muss zusehen, wie Rechtsextreme die freiheitlich-demokratische Grundordnung demontieren.

Auch für die Kirchen und den Kirchentag ist die Entscheidung bedeutsam: Nun hat man es amtlich, dass die AfD das Prinzip der Menschenwürde mit Füßen tritt – und damit die Kernbotschaft des Evangeliums. Auch für die Kirchen sollte gelten: Menschen mit AfD-Parteibuch und AfD-Amtsträger können keine gleichberechtigten Ansprechpartner sein.

Und für die Parteien der demokratischen Mitte gilt: Nie und nimmer darf man der AfD die Hand reichen, in keinem Parlament! Die viel zitierte Brandmauer, sie muss stehen, und das nicht nur als rhetorisches Bekenntnis.

Wie gehen wir nun mit der AfD und ihren Wählern um?

Und doch stürzen die klaren Worte der Verfassungsschützer uns alle auch in ein Dilemma. Die Chancen, dass das Verfassungsgericht die AfD verbietet, sind mit dem heutigen Tag zwar gestiegen. Aber dennoch würde der Beschluss Monate, ja Jahre auf sich warten lassen. Das gebietet die Sorgfaltspflicht, Parteienverbote können nur das allerletzte Mittel einer wehrhaften Demokratie sein.

Bei der Bundestagswahl erreichte die AfD mehr als 20 Prozent, aktuelle Umfragen sehen sie vor der Union. Dieses Fünftel aller Wählenden mag zu einem erheblichen Teil aus überzeugten Rassisten und Demokratiefeinden bestehen. Aber es sind auch Frustrierte darunter. Und Menschen, die den Glauben verloren haben, dass die Demokratie zu guten Ergebnissen für alle führt.

"Wer diese rechtsextreme Partei wählt, kann nicht mehr sagen, man habe ja von nichts gewusst"

Diese Wählerschaft der rechtsextremen AfD lässt sich nicht verbieten. Es ist unsere Aufgabe, mit denen, die es noch wollen, im Gespräch zu bleiben, sie zurückzugewinnen für den demokratischen Diskurs. Dafür müssen sich alle ändern – die demokratischen Parteien, Spitzenpolitiker, die demokratischen Mitbewerber ohne Not im politischen Diskurs herabwürdigen, die Medien, die Demokratinnen und Demokratinnen. Das wird eine Anstrengung, die oft auch wehtun wird.

Freilich nimmt der Verfassungsschutz aber auch die AfD-Wähler in die Verantwortung: Wer diese rechtsextreme Partei wählt, kann allerspätestens seit dem heutigen Tage nicht mehr sagen, man habe ja von nichts gewusst. Wer die AfD wählt, wählt rechtsextreme Feinde unserer Demokratie.

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