Bundeskanzler Friedrich Merz droht Einschnitte bei den Sozialleistungen an. Reicht es dann wenigstens noch für einen Sack Kartoffeln?
Martin Steger
Merz und das Bürgergeld
Nehmt's von den Reichen!
Bundeskanzler Friedrich Merz fordert Einschnitte im Sozialsystem und löst Empörung aus. Warum ein Blick in die Schweiz helfen könnte. Ein Kommentar
Lena Uphoff
02.09.2025
3Min

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat wieder einmal Einschnitte im Sozialsystem gefordert. Es geht ums Bürgergeld. Aber auch um die Rente: Die Menschen sollen länger arbeiten. Denn laut Merz könne man sich das deutsche Sozialsystem "einfach nicht mehr leisten", daher seien "schmerzhafte Entscheidungen" angesagt. "Wir leben seit Jahren über unsere Verhältnisse", klagte Merz auf dem CDU-Landesparteitag in Bonn. Schaut man sich die Zahlen genau an, hat das Bürgergeld im Jahr 2024 insgesamt 46,9 Milliarden Euro gekostet. Darin sind die oft überzogenen Mieten in Ballungsräumen enthalten, die der Staat für die Bürgergeldempfänger zahlt. Eben jene Mieten die Firmen wie Merz’ altem Arbeitgeber Blackrock satte Gewinne bescheren, weil sie Anteile an großen deutschen Immobilienunternehmen halten.

Ein möglicher Bankrott der Bundesrepublik wird also sicher nicht durch das Bürgergeld verursacht. Schließlich reicht es ja auch für Panzer und Aufrüstung. Der Verteidigungsetat betrug im Jahr 2024 etwa 52 Milliarden Euro. Zusätzlich hatte die Regierung im Vorjahr ein "Sondervermögen" von 100 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.

Es ist also Geld da. Aber Merz will es denen nehmen, die es am nötigsten haben: den Armen. Und spaltet weiter eine Gesellschaft, in der Wohlstand und Besitz immer ungerechter verteilt werden. Mit seinem Angriff auf den Sozialstaat spielt er dabei gleichzeitig Bürgergeldempfänger gegen die Armee der Niedriglohnjobber aus, bei denen das Geld hinten und vorne nicht reicht – und die zum Teil selbst beim Jobcenter aufstocken müssen. Dort säen Vorwürfe gegen das viele Geld, das die Bürgergeldempfänger angeblich kosten, Hass und Neid.

Für seine Pläne wird Merz heftig kritisiert, etwa vom Sozialverband Deutschland (SoVD). Merz würde den Anschein erwecken, der Sozialstaat würde uns finanziell ruinieren, sagte SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier. "Das ist nicht nur falsch, sondern gesellschaftlich gefährlich. Statt Sozialkürzungen braucht es eine gerechte Steuerreform mit einer stärkeren Beteiligung hoher Vermögen", sagte sie.

Eine gute Idee. Denn in kaum einem anderen europäischen Land sind die Vermögen so ungerecht verteilt wie in Deutschland. Laut einer Studie der Bundesbank besitzen zehn Prozent der Bevölkerung rund 60 Prozent des Gesamtvermögens. Seit 2001 sind die Vermögen der hundert reichsten Deutschen um etwa 460 Milliarden Euro gewachsen, berichtet Oxfam.

Vorbild für eine Vermögenssteuer: die Schweiz

Aber wie könnte eine Vermögenssteuer konkret aussehen? In Deutschland gibt es zwar eine Vermögenssteuer, aber sie wird seit 1997 nicht mehr erhoben. Laut Netzwerk Steuergerechtigkeit und Oxfam Deutschland sind uns dadurch bis 2023 geschätzt 380 Milliarden Euro an Steuergeldern entgangen.

Als Vorbild für eine neue Steuerreform könnte ein Land dienen, das eher mit Steuersparen als mit Steuerzahlen in Verbindung gebracht wird: die Schweiz. Dort wird die Vermögenssteuer jährlich entrichtet. Der Satz ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich und reicht von einem bis zu fünf Prozent. Besteuert werden Bargeld, Bankguthaben, Aktien, Obligationen, Immobilien, Fahrzeuge, Schiffe oder Kunstobjekte. Ausgenommen von der Steuer sind Gelder, die für Sozialabzüge oder Einzahlungen in die Pensionskasse vorgesehen sind, aber auch Leasingfahrzeuge. Die Besteuerung erfolgt progressiv. Je mehr einem gehört, desto höher ist der Steuersatz. Ab einem Besitz von einer halben Million Franken geht es meist los.

Für Deutschland wäre eine bundeseinheitliche Vermögenssteuer die bessere Wahl, das würde es übersichtlicher und einfacher machen. Und Friedrich Merz könnte sich auf mehr Einnahmen freuen. Ob er dann auch mehr Steuern zahlen müsste? Falls ja – er hatte ja selbst auf dem CDU-Parteitag mehr "schmerzhafte Entscheidungen" gefordert, wenn es ums Verzichten geht. Dann tut es halt ein bisschen weh.

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.