Wenn Joschua Bauer mit dem Fahrrad durch die Straßen fährt, klappert es. "Schrecklich", findet er. Keine gute Werbung. Andererseits sieht so jeder sofort, wie seine Firma heißt. "Balkono" steht in großen Lettern auf dem provisorischen Fahrradanhänger. Darunter: "Mein Strom? Natürlich selbst gemacht!"
Bauer vertreibt und installiert Balkonkraftwerke, die offiziell Steckersolargeräte heißen. Er fährt die Solarmodule mit dem E-Bike durch die Innenstadt von Frankfurt am Main. Um größere Lasten transportieren zu können, hat Bauer den Anhänger kurzerhand selbst gebaut.
Vor zwei Jahren besuchte er die "Goethe Start-up School" der Universität Frankfurt am Main. "Dort hieß es, wir sollen einfach loslegen." Also schnitt er Metallstangen zu, ließ Kunststoffplatten mit dem Firmenlogo bedrucken, schraubte alles zusammen und fuhr los. Den 1,80 Meter langen und 1,30 Meter hohen Anhänger zieht er täglich durch die Innenstadt. Viel größer darf er laut Vorschrift nicht sein. 150 Kilogramm darf er maximal mit seinem Anhänger transportieren. Wenn er vier Solarmodule aufgeladen hat, ist das nah dran.
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Er hatte die Idee für das Unternehmen am Anfang seines Masterstudiums "Science and Technology Studies". Er montierte Balkonkraftwerke für seine Mutter und später für einige Bekannte. Das Geld für das Studium wurde immer knapper und die Nachfrage nach Balkonkraftwerken immer größer. Die Zahl der Anlagen in Deutschland verdoppelte sich in den vergangenen Jahren jährlich. Bauer erkannte seine Chance und machte sich selbstständig.
Um sich abzusichern, befragte er zu Beginn der Firmengründung 250 Kundinnen und Kunden, ob sie die Preise von "Balkono" angemessen finden. Die meisten Unternehmen in der Solarbranche sind auf Großprojekte wie Dachanlagen spezialisiert. Kleinaufträge sind für sie nicht lukrativ. "Mit der Installation von kleinen Kraftwerken für den privaten Gebrauch fülle ich eine Marktlücke", ist Joschua Bauer überzeugt. "Viele Menschen wollen sich selbst versorgen und gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz leisten."
Inzwischen hat Bauer deutlich mehr Termine als noch vor zwei Jahren - gerade jetzt im Frühjahr, wenn die Sonne scheint. Bei zwei Montagen pro Tag ist der 29-Jährige im Schnitt zehn Stunden beschäftigt. Schließlich muss er immer wieder zurück ins Lager im Frankfurter Ostend, um das Material für den nächsten Auftrag zu holen.
Heute geht es ins drei Kilometer entfernte Bornheim. Ein Teil der Strecke führt durch den frühlingsgrünen Ostpark. "Wenn ich durchs Grüne fahre, weiß ich wieder, warum ich Rad fahre", sagt er. Da stört es ihn auch nicht, dass er sich zweimal verfährt.
Seine roten Haare hat Joschua Bauer zu einem Dutt zusammengebunden. Da passt kein Helm drauf. Aber nicht nur aus Eitelkeit trägt er keinen Kopfschutz. "Das ist vor allem dummer Trotz", gibt er zu. "In den Niederlanden trägt auch niemand einen Helm, weil das Radfahren dort sicher genug ist." Kurz nach zehn erreicht er die Löwengasse in Bornheim. Ein paar Minuten zu spät – die engen Einbahnstraßen, in denen ihm Geländewagen und Kleintransporter entgegenkamen, haben Zeit gekostet. "In Deutschland ist es noch selbstverständlich, dass das Auto Vorfahrt hat." Immer wieder musste er mit dem großen Anhänger in Parklücken rangieren, um den Autos Platz zu machen. Auch wenn sich Bauer darüber ärgert, nimmt er die Umstände in Kauf: Wenn er mal ein paar Minuten zu spät zur Kundin kommt, dann ist es eben so.
Manches geht mit dem Fahrrad aber auch schneller: "Gerade in der Frankfurter Innenstadt spare ich mir so Zeit und Nerven bei der Parkplatzsuche", sagt Bauer. Das ist für ihn auch heute kein Problem. Das Rad stellt er einfach auf dem Bürgersteig vor dem Haus der Kundin ab. Bei größeren Aufträgen, bei denen er mehr als vier Module montieren muss, mietet er sich aber auch mal einen Transporter.
Auch als überzeugter Radfahrer kann er nicht ausschließen, sich irgendwann ein eigenes Auto zuzulegen. "Ich kann hart zu mir sein und auch bei Minusgraden Rad fahren, aber wenn der Betrieb größer wird und ich Mitarbeiter habe, kann ich nicht verlangen, dass sie im Winter eine Dreiviertelstunde mit dem Rad zum Kunden fahren." Die freien Mitarbeiter, die ihn derzeit bei der Montage unterstützen, kommen direkt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu den Kunden.
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Den heutigen Auftrag kann er allein erledigen. Die Kundin will nur ein Modul und keinen Batteriespeicher. Ganz in Engelbert-Strauss-Funktionskleidung gekleidet trägt er das 22 Kilogramm schwere Solarmodul mit geübtem Griff durchs Treppenhaus in den zweiten Stock. Auf dem Balkon biegt er Metallstangen und schraubt sie so zusammen, dass das Modul nach zwei Stunden bei einer Neigung von 20 Prozent sicher am Balkon befestigt ist.
Noch bevor Joschua Bauer das Modul an den Stromkreislauf anschließt, leuchtet der Wechselrichter auf, der einen Teil der Gleichspannung in Wechselspannung umwandelt. "Es fasziniert mich immer wieder, wenn der erste Strom fließt, nur durch Licht." Schon als Kind sei er von Technik und Energie fasziniert gewesen. "Es ist unglaublich, was wir aus den vorhandenen Ressourcen herausholen können." Der von den Solarmodulen erzeugte Strom fließt direkt ins Haus, "denn Strom sucht sich den kürzesten Weg", betont Bauer immer wieder.
Auch die Klimakrise beschäftigt ihn seit seiner Kindheit. Während andere Jungs Comics lasen, verschlang er Greenpeace-Magazine. Darin konnte er sich wunderbar verlieren. Für den Bereich der erneuerbaren Energien passt diese Kombination aus Umweltbewusstsein und Technikbegeisterung gut: "Wahrscheinlich habe ich das Start-up auch aus einem gewissen Idealismus heraus gegründet." Dafür bleiben andere Dinge auf der Strecke. Seine Masterarbeit schiebt der 29-Jährige vor sich her.
Bauer kann von den Einnahmen leben und die freien Mitarbeiter gut bezahlen. Aber der Druck wächst: "Nach zwei Jahren muss es gut laufen, damit ich die Firma noch rechtfertigen kann." Zumal er mit einem Masterabschluss als Angestellter vermutlich mehr verdient hätte. "Ich weiß, dass ich perspektivisch mehr verdienen muss, um nicht nur die Kosten zu decken und gut leben zu können, sondern auch für meine Zukunft vorzusorgen", sagt Bauer.
Als Angestellter hätte er bereits in die Pflege- und Rentenversicherung eingezahlt. Stattdessen hat er die Ersparnisse der vergangenen zwei Jahre für den Aufbau des Unternehmens zurückgelegt. "Ich glaube an das Unternehmen, dafür nehme ich das Risiko in Kauf." Langfristig träumt er davon, das Unternehmen zu vergrößern und feste Mitarbeiter einzustellen.
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"Ich sehe es als Teil der Startphase, zu improvisieren und einfach mit einem selbstgebauten Fahrradanhänger loszufahren", sagt Joschua Bauer. Er will erst einmal Erfahrungen sammeln und testen, ob sich das Geschäft langfristig lohnt. Dabei legt er auch Wert darauf, dass ihn die Arbeit erfüllt: "Ich möchte mir genügend Zeit für meine Kundinnen und Kunden nehmen." So führt er, wenn nicht schon während der Montage, nach jedem Auftrag noch Gespräche. Meist, um gemeinsam eine App zu installieren, mit der sich die eingesparte Energie verfolgen lässt. Gemeinsam mit der Kundin in der Löwengasse gibt er geduldig das Passwort mehrmals ein – bis es klappt.