Manche Texte über Donald Trump lesen sich so, als würde der Teufel ins Weiße Haus ziehen. Und Menschheitsverbrecher wie Hitler oder Stalin haben ihre Teufelseignung scheinbar schon bewiesen. Putin ist auch gerade dabei. So zu denken, die Welt in klare Kategorien einzuteilen, entlastet: das Gute hier, das Böse dort. Der Teufel als Personifikation des Bösen, als das Böse an sich, schafft klare Verhältnisse. Aber gewinnt man etwas, wenn man die Kategorie "Teufel" oder auch "teuflisch" auf Menschen wie Hitler, Stalin oder Putin anwendet? Gibt es überhaupt einen Teufel?
In der Bibel ja, aber wer sich in der jüdisch-christlichen Religionsgeschichte auf die Suche nach seinen Spuren macht, findet heraus: Eine absolut böse Figur gab es nicht schon immer. Der Gott in den älteren Texten der Bibel ist oft gut und böse in einem, ambivalent und voller Emotionen. In der Sintflutgeschichte bereut er, dass er die Menschen geschaffen hat, vernichtet fast alle, freut sich dann über ein Opfer und gelobt, so etwas nicht noch einmal zu tun. Bei Jesaja heißt es: "Ich bin der Herr, und sonst keiner mehr, der ich das Licht mache und schaffe die Finsternis, der ich Frieden gebe und schaffe Unheil." (Jes 45,6–7)
In der Hiobsgeschichte, die jünger ist, kommt der Teufel vor. Gott sitzt mit seinem Hofstaat im Himmel zusammen; man könnte fast denken, sie langweilen sich und kommen deswegen auf dumme Ideen. Gott gibt mit Hiob an: "Es ist seinesgleichen nicht auf Erden, fromm und rechtschaffen, gottesfürchtig und meidet das Böse." (Hiob 1,8) Der Teufel, der auch Teil des Hofstaats ist, wendet ein: Hiob sei nur so fromm, weil es ihm auch so gut geht: reich, gesund, glücklich – da fällt es nicht schwer, rechtschaffen zu sein. Gott schickt den Teufel also los, Hiob zu testen. Die Idee, Hiobs Tiere, Knechte und Kinder zu töten, kommt von Gott! Der Teufel ist nur Werkzeug. Der Text entstand wohl zwischen dem fünften und dritten Jahrhundert vor Christus und zeigt: Das Böse entfernt sich langsam von Gott.
Wenn Gut und Böse feststehen, können die, die anders denken, verteufelt werden
Im Laufe der Religionsgeschichte verstärkte sich diese Entwicklung. Der Teufel gewann so an Bedeutung. Das sieht man im Neuen Testament (NT), dessen älteste Texte aus der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts nach Christus stammen. Er trägt dort unterschiedliche Namen: Satan, Diabolos, Belial oder Beelzebul oder schlicht: der Böse. Das passt besonders gut, denn genau das ist es, was er hier verkörpert. Die böse Seite Gottes wird sozusagen abgespalten. Der Teufel entlastet ihn. Er bekommt das ab, was Gott jetzt nicht mehr so gut zu Gesicht steht. Biblisch gesehen geschieht hier eine Art Moralisierung Gottes. Gott wird der Inbegriff des Guten.
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