Im Sommer kam es im österreichischen Linz zu einem heftigen Bilderstreit. Im Dom war im Rahmen einer Ausstellung das Werk "crowning" der Künstlerin Esther Strauß ausgestellt worden. Die kleine Holzskulptur stellt Maria im Moment der Geburt Christi dar. Darüber empörten sich konservative Katholiken, bis eine unbekannte Person der Figur den Kopf absägte. Der Kopf ist bis heute verschwunden. Das Kunstwerk nicht mehr im Dom ausgestellt. Diese kunstfeindliche Straftat ruft eine uralte Frage wach: Welche Bilder des Göttlichen sind erlaubt, notwendig, erbaulich oder schädlich? Eine eindeutige Antwort darauf hat das Christentum nie gefunden.
Einerseits übernahm es vom alten Israel die Zehn Gebote und stellte sich damit auch unter das zweite Verbot: "Du sollst dir kein Gottesbild machen!" Andererseits sind in der Christentumsgeschichte Gemälde, Fresken und Skulpturen von heiligen Frauen und Männern, Maria, Jesus Christus, dem Heiligen Geist und sogar vom Gottvater selbst entstanden. Diese füllen bis heute die Kirchen und Museen.
Müssten sie nicht verboten sein? Diese Frage ist unserem Blick auf die Vergangenheit geschuldet, der geprägt ist von den Gesetzen und Verboten der heiligen Texte und der theologischen Tradition. Diese sind uns schriftlich überliefert. Aber sie bilden das religiöse Leben früherer Zeiten nicht ab. Viele Menschen dürften sie kaum gekannt haben, oder sie haben sich schlicht nicht an sie gehalten.
Bedürfnisse der ersten Christen
Es gab im antiken Israel zu der Zeit, als die Zehn Gebote entstanden, Bilder: für den "nationalen" Kult im Zentraltempel, für die regionalen Heiligtümer und für die Familienfrömmigkeit. Sie hatten verschiedene Aufgaben. So sollten Statuen im Tempel zeigen, dass Gott im Kult gegenwärtig ist, oder Talismane sollten vor dem Bösen schützen.
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