In vielen deutschen Städten boomt der Tourismus. Städtetripps sind in.
Ein gutes Beispiel ist meine Heimatstadt Hamburg. Die Gästezahlen steigen seit Jahren, prozentual so schnell wie in keiner anderen deutschen Stadt. Und das liegt auch an neuen Terminals für Kreuzfahrtschiffe, zentral gelegen rund um die Landungsbrücken und der Elbphilharmonie, den wichtigsten Touristenzentren hier. Immer mehr Schiffe fahren sie an. Über 1,3 Millionen Kreuzfahrtgäste waren es 2024, mehr als jemals zuvor.
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Großartig sei all das, verkündeten Presse und Senat regelmäßig. Denn Hamburgs Wirtschaft profitiere davon; sie müsse weiter wachsen.
Auch ich freue mich. Ich schreibe nämlich Reiseführer über Hamburg und bin sozusagen 1-a-Profiteurin, wenn Gäste kommen. Aber trotzdem zweifele ich: Sind steigende Zahlen wirklich so zwingend? Als Einwohnerin der Stadt bekomme ich auch andere Folgen zu spüren. In meiner Nachbarschaft, ich wohne zentral in der touristischen Hafencity, werden Wohnungen an Airbnb-Gäste vermietet; aus den Schornsteinen der Kreuzfahrtriesen kommt giftige Luft oder es entstehen sowieso gleich neue Hotels. Und das vor allem für Touristen gebaute neue riesige Shoppingcenter mit integriertem Kreuzfahrtterminal sorgt mit dafür, dass die historische City weiter stirbt.
Und dann schaue ich nach Venedig, nach Barcelona, nach Mallorca. Ich lese Berichte von verzweifelten Menschen, die dort leben und arbeiten, aber keine Wohnung mehr finden. Denn all diese Städte haben genau das gemacht, was Hamburg regelmäßig so stolz verkündet: Schaut her, wir schaffen es, mit immer neuen Attraktionen immer mehr Touristen in unsere Stadt zu locken.
Wann ist das mehr zu viel? In Barcelona wurden Touristen mit Wasserpistolen "beschossen", auf Mallorca gibt es längst regelmäßig wütende Demonstrationen, Venedig probt einen Versuch mit "Eintrittspreisen".
Doch in deutschen Städten scheint diese Entwicklung keine Rolle zu spielen. Auf warnende Hinweise hin, heißt es fast immer: So schlimm ist es bei uns noch nicht, von Verhältnissen wie in Venedig oder Amsterdam sei man hierzulande weit entfernt....
Das Fazit der Geschichte: Wir wachsen fröhlich weiter. Und wenn es dann wirklich mal zu viel wird, dann werden wir halt gegensteuern. Wir haben ja genug Beispiele in der Welt, wo es schon genauso gelaufen ist.
Eine erste Version des Textes erschien am 24.06.2024