Overtourism - Wachstum ohne Ende?
Immer mehr, mehr, mehr? In Venedig gibt es kaum noch Einwohner, dafür steigt die Zahl der Touristen immer weiter
Getty Images/Stefano Mazzola
Overtourism ist eine Gefahr
Na, dann - immer schön weiter wachsen
Deutsche Städte freuen sich seit Jahren über steigende Zahlen im Tourismus. Das ist toll, denn davon profitiert die Wirtschaft. Doch immer weiter wachsen? Mallorca oder Barcelona zeigen, wo das endet
Tim Wegner
Aktualisiert am 30.06.2025
2Min

In vielen deutschen Städten boomt der Tourismus. Städtetripps sind in.

Ein gutes Beispiel ist meine Heimatstadt Hamburg. Die Gästezahlen steigen seit Jahren, prozentual so schnell wie in keiner anderen deutschen Stadt. Und das liegt auch an neuen Terminals für Kreuzfahrtschiffe, zentral gelegen rund um die Landungsbrücken und der Elbphilharmonie, den wichtigsten Touristenzentren hier. Immer mehr Schiffe fahren sie an. Über 1,3 Millionen Kreuzfahrtgäste waren es 2024, mehr als jemals zuvor.

Lesetipp: Wie reise ich nachhaltig? Eine Tourismus-Expertin erklärt.

Großartig sei all das, verkündeten Presse und Senat regelmäßig. Denn Hamburgs Wirtschaft profitiere davon; sie müsse weiter wachsen.

Auch ich freue mich. Ich schreibe nämlich Reiseführer über Hamburg und bin sozusagen 1-a-Profiteurin, wenn Gäste kommen. Aber trotzdem zweifele ich: Sind steigende Zahlen wirklich so zwingend? Als Einwohnerin der Stadt bekomme ich auch andere Folgen zu spüren. In meiner Nachbarschaft, ich wohne zentral in der touristischen Hafencity, werden Wohnungen an Airbnb-Gäste vermietet; aus den Schornsteinen der Kreuzfahrtriesen kommt giftige Luft oder es entstehen sowieso gleich neue Hotels. Und das vor allem für Touristen gebaute neue riesige Shoppingcenter mit integriertem Kreuzfahrtterminal sorgt mit dafür, dass die historische City weiter stirbt.

Und dann schaue ich nach Venedig, nach Barcelona, nach Mallorca. Ich lese Berichte von verzweifelten Menschen, die dort leben und arbeiten, aber keine Wohnung mehr finden. Denn all diese Städte haben genau das gemacht, was Hamburg regelmäßig so stolz verkündet: Schaut her, wir schaffen es, mit immer neuen Attraktionen immer mehr Touristen in unsere Stadt zu locken.

Wann ist das mehr zu viel? In Barcelona wurden Touristen mit Wasserpistolen "beschossen", auf Mallorca gibt es längst regelmäßig wütende Demonstrationen, Venedig probt einen Versuch mit "Eintrittspreisen".

Doch in deutschen Städten scheint diese Entwicklung keine Rolle zu spielen. Auf warnende Hinweise hin, heißt es fast immer: So schlimm ist es bei uns noch nicht, von Verhältnissen wie in Venedig oder Amsterdam sei man hierzulande weit entfernt....

Das Fazit der Geschichte: Wir wachsen fröhlich weiter. Und wenn es dann wirklich mal zu viel wird, dann werden wir halt gegensteuern. Wir haben ja genug Beispiele in der Welt, wo es schon genauso gelaufen ist.

Eine erste Version des Textes erschien am 24.06.2024

Die Kommentarfunktion ist nur noch für registrierte Nutzer verfügbar. Um einen Leserkommentar schreiben zu können, schließen Sie bitte ein Abo ab, schreiben Sie uns eine Mail an leserpost@chrismon.de oder diskutieren Sie auf Instagram, Facebook und LinkedIn mit.