"Ich möchte es zurückgeben"
Anne Schönharting in ihrer Installation "Das Erbe"
Annette Hauschild/OSTKREUZ
Restitution
Wie gebe ich meine geerbten Kolonialgüter zurück?
Speere, Geweihe, Kopfschmuck, Schildkrötenpanzer: Anne Schönharting hat über 120 Objekte aus der kolonialen Vergangenheit ihres Urgroßvaters geerbt. Und begriffen: im Wohnzimmer können sie nicht bleiben
Aktualisiert am 04.10.2024
4Min

Mein Urgroßvater Willy Klare war von 1908 bis 1914 Kakaoplantagenverwalter auf der Insel Fernando Póo in Spanisch-Guinea, heute Äquatorialguinea. Zeit seines Lebens, er starb 1973, glorifizierte er den Kolonialismus. Ob er die Objekte, die er heim nach ­Dresden schickte oder mitbrachte, unrechtmäßig besaß, weiß ich nicht. In den Geschichten, die im Familienkreis erzählt wurden, war Willy ein "Abenteurer".

Als Kind dachte ich, so ein "Afrikazimmer" hat jede Familie. So nannten wir unser Gästezimmer, das mit den Erbstücken dekoriert war. Seit vier Generationen wandert ­diese koloniale Sammlung durch die Wohnungen und Häuser meiner Familie. Es wurde alles aufgehoben: Fotos, Briefe, Urkunden, Elfenbein, zwei geschnitzte Holzhocker . . . Mit der Zeit kamen auch andere Objekte dazu, einige Figuren etwa brachte eine Tante aus dem Kenia­urlaub mit. Das Schränkchen auf dem Bild oben ist aus Indien. Zu DDR-Zeiten war das Zimmer identitäts­stiftend, ein Symbol für Reisefreiheit. Die große Welt im kleinen Zimmer. So konnten meine Eltern sich dem kommunistischen System entziehen. In meiner Jugend begann ich, die von meiner Großmutter überlieferten und teils ­verklärenden Erzählungen zu hinterfragen.

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Produktinfo

Anne Schönharting: Das Erbe.
Hartmann Books.
154 Seiten, 38 Euro.

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