Filmtipps der Woche
Ein wilder Ritt
Eine Gangstergeschichte rund um eine Transfrau und das als Musical: Jacques Audiards Film „Emilia Pérez“ ist ein gewagtes Unterfangen, funktioniert aber überraschend gut und geht für Frankreich ins Oscarrennen. Die Filmtipps vom 28. November 2024
Die absolute Freiheit: Emilia Pérez (Karla Sofía Gascón) hat sich selbst erschaffen
Neue Visionen Filmverleih, Wild Bunch Germany
28.11.2024
4Min

Emilia Pérez (Frankreich 2024)

Eine Gangstergeschichte rund um eine Transfrau und das als Musical: Jacques Audiards Film ist ein gewagtes Unterfangen, funktioniert aber erstaunlich gut. Im Mittelpunkt steht der Gangsterboss Manitas del Monte (Karla Sofía Gascón), der eine Geschlechtsumwandlung zur Frau durchführen und damit auch sein altes Leben hinter sich lassen möchte. Hierfür bittet er die talentierte Anwältin Rita Moro Castro (Zoë Saldaña), seine Ermordung vorzutäuschen, die Operation zu organisieren und seine Frau Jessi (Selena Gomez) und die Kinder in Sicherheit zu bringen. Der Plan geht auf, Manitas wird zu Emilia Pérez und vom Verbrecher zum Wohltäter und Rita nutzt den Deal ebenfalls für einen Neuanfang. Doch die Sehnsucht zu ihren Kindern veranlasst Emilia, sich erneut an Rita zu wenden, um unter neuer Identität wieder Kontakt herzustellen. Der Film, der bei den Filmfestspielen in Cannes zwei Preise gewann und für Frankreich ins Oscarrennen geht, ist eine wilder Ritt, bei dem die Musikeinlagen – mal Sprechgesang, mal chansonartige Balladen – genau den richtigen Ton treffen. Zugleich nimmt der Film sein Milieu und seine gesellschaftspolitischen Themen ernst und überzeugt mit einem herausragenden Ensemble allen voran Trans-Schauspielerin Karla Sofía Gascón.

Ausführliche Kritik bei epd film.

© Wild Bunch

Regie und Buch: Jacques Audiard. Mit: Zoë Saldaña, Karla Sofía Gascón, Selena Gomez, Adriana Paz, Édgar Ramírez, Mark Ivanir. Länge: 130 Minuten. FSK: ab 12 Jahren, ff. FBW: ohne Angabe.

Baldiga – Entsichertes Herz (Deutschland 2024)

Der Künstler Jürgen Baldiga avancierte in den 80er-Jahren zum Chronisten der schwulen Subkultur Westberlins. Seine HIV-Krankheit 1984 bedeutete das Todesurteil. Wie besessen versuchte er anschließend das Leben in Fotografien festzuhalten, eher er sich 1993 erschöpft von der Krankheit das Leben nahm. Markus Stein orientiert sich für seinen Dokumentarfilm an den vielen Tausend Fotos von Baldiga und an seinen Tagebucheinträgen, die immer wieder als Offkommentar eingesprochen werden. Gemeinsam mit Super-8-Filmen, Musikstücken sowie Interviews mit Weggefährten und damaligen Szenengrößen entsteht ein eindrückliches Porträt von Jürgen Baldiga und der Geschichte einer ganzen Generation schwuler Männer.

Ausführliche Kritik bei epd film.

© Salzgeber

Regie: Markus Stein. Buch: Ringo Rösener. Mit: Bernd Gaiser, Juliette Brinkmann, Birgit Baldiga, Kaspar Kamäleon, Keikawus Arastéh, Volker Wierz. Länge: 92 Minuten. FSK: ab 16 Jahren, ff. FBW: besonders wertvoll.

Vena (Deutschland 2024)

Jenny (Emma Nova) lebt mit ihrem Freund Bolle (Paul Wollin) in einem anonymen Hochhausblock, ihr Leben scheint trist zu sein, eine harte Vergangenheit wird angedeutet. Drogen dienen Jenny als Flucht aus dem Alltag, und das obwohl sie hochschwanger ist. Dass Jenny demnächst eine Haftstrafe zu erwarten hat, macht die Situation noch problematischer. Das von ihr verhasste Jugendamt teilt ihr die Hebamme Marla (Friederike Becht) zur Betreuung zu. Nach anfänglicher Ablehnung fasst Jenny Vertrauen zu Marla und hat bei ihr zum ersten Mal das Gefühl, verstanden zu werden. Die deutsche Regisseurin Chiara Fleischhacker mutet den Zuschauern in ihrem empathischen Spielfilmdebüt eine schwierige Protagonistin zu. Behutsam nähert sie sich Jenny an und bleibt den ganzen Film ganz dicht bei ihr. Wie schädlich Drogenkonsum für ein ungeborenes Kind ist, stellt der Film unmissverständlich klar, schafft dies aber, ohne Jenny zu verurteilen oder stereotype Erklärungsmuster zu bedienen.

Ausführliche Kritik bei epd film.

© Weltkino

Regie und Buch: Chiara Fleischhacker. Mit: Emma Nova, Friederike Becht, Paul Wollin, Barbara Philipp, Edith Stehfest. Länge: 116 Minuten. FSK: ab 12 Jahren, ff. FBW: besonders wertvoll.

Der Vierer (Österreich 2024)

In der Beziehung von Sophie (Julia Koschitz) und Paul (Florian David Fitz) ist die Luft raus. Um wieder Schwung reinzubringen, planen die beiden einen Gruppensexabend mit Mia (Lucía Barrado) und Lukas (Friedrich Mücke). Doch bereits die Vorbereitung verläuft nicht wie gehofft und der Abend endet natürlich ohnehin im Chaos. Die Darsteller geben im Remake einer spanischen Beziehungskomödie ihr Bestes und präsentieren flotte Dialoge. Plot und und Humor wirken stellenweise aber etwas bemüht. Während Lucía Barrado als temperamentvolle Spanierin die undankbare Aufgabe hat, Klischees auszuagieren, sind die anderen Figuren erfreulicher Weise eher entgegen der gängigen Stereotype gezeichnet.

Ausführliche Kritik bei epd film.

© Leonine Distribution

Regie: Iván Sáinz-Pardo. Buch: Florian David Fitz, Iván Sáinz-Pardo, Torben Struck. Mit: Lucía Barrado, Florian David Fitz, Julia Koschitz, Friedrich Mücke, Diyar Ilhan, Simon Stefanova. Länge: 90 Minuten. FSK: ab 12 Jahren, ff. FBW: wertvoll.

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