Waldbrände in Südeuropa, Überschwemmungen in Asien, eine Hitzewelle bei uns – die Folgen der Klimakrise sind überall spürbar. Gleichzeitig mehren sich Stimmen, die beschwichtigen oder bremsen. Wie können wir in dieser Situation die Zuversicht bewahren?
Ruth Habermehl: Es kommt darauf an, was wir unter Zuversicht verstehen – Optimismus oder Hoffnung?
Ruth Habermehl
Optimismus ist doch erst einmal gut!
Es reicht aber leider nicht, einfach nur optimistisch zu sein. Denn dahinter steckt oft der Gedanke: "Es wird schon irgendwie gutgehen mit dem Klima." Diese Haltung macht passiv. Wir tun dann nichts dafür, dass das, worauf wir hoffen, auch wirklich eintritt – für uns, aber besonders auch für junge Menschen und nachfolgende Generationen. Wer nur optimistisch ist, ändert sein Verhalten nicht.
Oft heißt es ja, wir Konsumenten sollten das Klima retten, zum Beispiel durch Verzicht auf Fleisch . . .
Ja. Aber diese Individualisierung des Problems gilt sogar als eine der Verzögerungsstrategien, mit der Menschen, die viel Geld mit Öl und Gas verdienen, wirksame Maßnahmen verhindern wollen. Es ist völlig klar, dass sich die Strukturen ändern müssen – weg von fossilen hin zu erneuerbaren Energien. Strukturen dürfen nicht länger klimaschädliches Verhalten belohnen. Es sind politische Entscheidungen, die dafür getroffen werden müssen. Um darauf Einfluss zu nehmen, braucht es mehr als Optimismus.
Und zwar?
Hoffnung, denn die lässt uns aktiv werden. Während Optimismus passiv bleibt, bedeutet Hoffnung: Ich tue etwas, um die Chance auf eine lebenswerte Zukunft zu bewahren. Hoffnung ist immer mit Einsatz verbunden!
Das klingt nach einer großen Aufgabe.
Hoffnung ist anstrengend – aber sie verbindet Menschen. Niemand kann allein die Welt verändern, das hat in der Geschichte noch nie funktioniert. Denken Sie nur ans Frauenwahlrecht: Erst als viele Frauen sich zusammenschlossen und laut wurden, konnte die Forderung umgesetzt werden.
Also wie bewahren wir unsere Klimahoffnungen?
Sehen Sie Möglichkeiten für eine gute Zukunft. Tun Sie sich mit anderen Menschen zusammen! Und feiern Sie unbedingt gemeinsam auch kleine Fortschritte!
Wie finde ich solche Menschen?
Sehr wahrscheinlich kennen Sie schon welche. Sprechen Sie über das Thema. Berichten Sie, wie Sie selbst empfinden, wenn Sie an die Zukunft denken. Und dann kann man fragen: Wie geht es dir selbst damit?
Mehr darüber, wie wir die Hoffnung in der Klimakrise bewahren können, erfahren Sie auf dem chrismon-Zuversichtskongress. Dort spricht Psychologin Ruth Habermehl von den Psychologists for Future (Psy4F) auch über die Rolle unserer Psyche im Klimaschutz – und darüber, wie Gespräche über Klimagefühle gelingen, ohne in Trotz oder Resignation zu führen, sondern in Offenheit und neue Kraft.