Ehrenamt
"Anfangs kam es mir auch komisch vor"
Ehrenamt gesucht? Dann haben wir vielleicht etwas für Sie: Andreas Vogt ist ehrenamtlicher Beerdigungsbegleiter. Warum er das tut und was es mit ihm macht, erzählt er im Interview
Andreas Vogt, 60 Jahre, Düsseldorf, Beerdigungsbegleiter. Er steht auf einem Friedhof
Andreas Vogt, 60 Jahre, Düsseldorf, Beerdigungsbegleiter
Daniel Schumann
Tim Wegner
10.05.2025
2Min

chrismon: Was machen Sie?

Andreas Vogt: Unser Pastoralreferent Martin Kürble informiert uns über Beisetzungen, zu denen niemand oder nur einzelne Angehörige kommen. Unser Team bildet für den Pfarrer Kulisse und bietet der verstorbenen Seele Begleitung an. Das kam mir anfangs auch komisch vor.

Warum machen Sie das?

Sterben und Leben gehört für mich zusammen. Ich bin sehr lebenslustig, trainiere und engagiere mich viel. Diese Momente am Grab erden. Es macht mich ruhig, zu hören, was andere erlebt haben. Ich habe schon beim ersten Mal bemerkt, dass ich begann, mich zu reflektieren. Ich genieße die Ruhe und die Dankbarkeit, dass mein Leben bisher gut gelaufen ist.

Was haben Sie dabei für sich gelernt?

Man muss eine Person nicht gekannt haben, um Anteil zu nehmen. Es hat mich wieder näher an den christlichen Glauben gebracht – ich war schon aus der Kirche ausgetreten.

Was hat Sie ausgerechnet zu diesem Ehrenamt bewogen?

Ich hatte mich schon vorher in meinem Ehrenamt beim Kinder- und Jugendhospizdienst viel mit dem Sterben auseinandergesetzt. Dazu passt das – und viel Aufwand ist es auch nicht.

Wie oft sind sie dabei?

Ein bis zwei Mal im Monat.

Welche Eigenschaften sind hilfreich?

Toleranz, Spiritualität, Gelassenheit, Neugierde.

Hörtipp: Was erfährt man über das Leben, wenn man über den Tod nachdenkt? Das fragt chrismon prominente Menschen im Podcast "Über das Ende".

Was ist schön?

Unter uns entstehen Kontakte, Fahrgemeinschaften, ein Netzwerk. So gehen im Endeffekt alle mit Gewinn nach Hause.

Gab es auch unangenehme Situationen?

Eigentlich nicht. Wir sind wie Statisten in einem Film. Wir unterstützen und nehmen Anteil. Da geht es viel um Verzeihen. Schön ist, dann manchmal die Rührung und Dankbarkeit der wenigen Angehörigen zu sehen oder zu spüren. Natürlich wäre eine Begleitung zu Lebzeiten auch gut gewesen, aber jeder tut, was er kann.

Berührt Sie die Begegnung mit der Einsamkeit?

Klar denke ich über meine eigene Endlichkeit und Zukunft nach, auch über die Gesellschaft. Neben Freunden und Familie ist eine gute Nachbarschaft so wichtig! Wie schön, dass ich wieder immer mehr Initiativen beobachte, die diese nachbarschaftliche Solidarität stärken.

Was hat Sie anfangs überrascht?

Wie gut ich mit diesen Situationen der Einsamkeit umgehen kann. Ich ziehe daraus Power! Auch, wie viele Menschen unterschiedlichen Alters mitmachen, erstaunlicherweise besonders viele Männer. Manche bringen Blumen.

Infobox

Suchen Sie auch ein Ehrenamt? In unserer Rubrik "Ich mach das" finden Sie viele Beispiele, wie man sich engagieren kann und was man dafür benötigt.

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