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Teheran im Herbst 2022. Der strenggläubige Iman und seine Familie führen ein recht komfortables Leben. Die ältere Tochter Rezvan studiert, Sana geht noch zur Schule; Imans Frau Najmeh sorgt und denkt für alle. Als Iman zum Untersuchungsrichter am Revolutionsgericht befördert wird, stehen Veränderungen an: Aussicht auf eine größere Wohnung, ein Zuwachs an gesellschaftlichem Ansehen. Der neue Job besteht allerdings vor allem darin, Todesurteile abzusegnen. Und damit wird Iman zur Zielscheibe, zum Sicherheitsrisiko für die Familie – erst recht, weil sich auf den Straßen der Stadt gerade eine maßgeblich von Frauen getragene riesige Protestwelle formiert.
Rezvan und Sana verfolgen das Vorgehen der Revolutionsgarden per Handy und beginnen, sich mit dem Widerstand zu solidarisieren. Als die Dienstwaffe verschwindet, die Iman zur Selbstverteidigung anvertraut wurde, zerbricht das von Najmeh mühsam aufrecht erhaltene Gefüge der "gottgefälligen" Familie. Iman verdächtigt seine Töchter, die Pistole genommen zu haben.
Mohammad Rasoulof hat 2020 mit dem Episodenfilm "Doch das Böse gibt es nicht", einer Auseinandersetzung mit der unmenschlichen Rechtspraxis des islamischen Staats, den Goldenen Bären gewonnen. Im neuen Film vertieft der Regisseur, der inzwischen im Exil lebt, seine Kritik: "Die Saat des heiligen Feigenbaums" zeigt, wie Autoritarismus, Misogynie und Staatsparanoia im Privaten, im Leben und Denken der Einzelnen, "Wurzeln schlagen".
Die Eltern verpassen keinen Ruf zum Gebet, arrangieren sich aber schnell damit, dass Iman im Zuge der Proteste tagtäglich unschuldige Menschen zur Hinrichtung schickt, und versuchen, die Töchter auf Linie zu halten. Am Ende ist indes klar: Es ist der Mann, der Vater, der als Agent der Unterdrückung fungiert – während die Frauen in der Not zueinanderfinden.
"ageism": Wie Frauen über 50 in Filmen diskriminiert werden
Der Film wurde noch im Iran über weite Strecken heimlich in einem kleinen Haushalt gedreht; doch über eingestreute authentische Handy-Videos öffnet sich der Blick nach draußen, auf die schiere Rohheit des Regimes. Aus einem intimen, alltagsnahen "Familien-Thriller" entwickelt sich über zweieinhalb atemberaubende Stunden eine sorgsam untermauerte, kompromisslose Klage gegen das islamistische Unrechtssystem: einer der brisantesten, wichtigsten Filme des Jahres.
Film des Monats
Der Film des Monats der Jury der Evangelischen Filmarbeit ist die einzige monatliche Auszeichnung für einen aktuellen Kinofilm durch eine unabhängige Jury. Ihre Mitglieder werden von Einrichtungen der evangelischen Kirche ernannt. Die Jury zeichnet Filme aus, die dem Zusammenleben der Menschen dienen, zur Überprüfung eigener Positionen, zur Wahrnehmung mitmenschlicher Verantwortung und zur Orientierung an der biblischen Botschaft beitragen. Die Arbeit der Jury wird vom Filmkulturellen Arbeit im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP) betreut. Weitere Informationen finden Sie unter www.filmdesmonats.de.