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Ouagadougou, Schon aus einiger Entfernung ist der treibende Rhythmus des Schlagzeugs zu hören, unterstützt von einer Djembé, einer hölzernen Bechertrommel. Eine rötlich-staubige Lateritpiste führt durch ein Wohngebiet zu dem Gotteshaus. Außer den Kirchgängern sind am frühen Sonntagmorgen nur eine Ziege mit ihren drei Zicklein und zwei tollende Hunde unterwegs. Der Eingang zur Kirche liegt hinter einem Mangobaum.
Der Gottesdienst hat noch nicht anfangen, aber die Band spielt sich warm und versucht, Zögernde zum Eintreten zu verführen. Am Schlagzeug sitzt Nadine Ninkiema, die 21-jährige Tochter des Kirchengründers Henri Gombila. Ihre jüngere Schwester Deborah spielt Bass, die Schwestern werden von einem Gitarristen und einem Trommler unterstützt. Eine weitere Schwester kommt in den Raum: Janne Ninkiema, die 38-Jährige ist ihrerseits Pastorin und assistiert ihrem Vater beim Gottesdienst.
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Henri Gombila ist stolz darauf, dass seine Kirche ein Familienbetrieb ist. Seine Frau Awa Ninkiema macht zwar nicht aktiv mit, ist aber bei jedem Gottesdienst dabei. Die Idee zur Gründung seiner eigenen Gemeinde hatte "Papa Henri", wie ihn seine Anhängerinnen und Anhänger nennen, vor 14 Jahren. Damals ging der heute 68-Jährige, ein immer noch schlanker, hochgewachsener Mann, in Rente. Bis dahin hatte er als Metzger gearbeitet und sonntags die Gemeinden anderer Pastoren besucht. "Aber mir gefiel nicht, dass sie nach dem Gottesdienst für die Heilung der Kranken beteten, nicht währenddessen", sagt er. Und deshalb habe er eine eigene Kirche gegründet.
Der angehende Pastor besuchte einen Kurs der "Victoria International"-Bibelschule in Ouagadougou, ging mit dem Diplom – einem laminierten Stück Papier von der Größe eines Reisepasses – erst zum Bürgermeister seines Viertels, dann zum Ministerium für Territorialverwaltung und ließ sich seine Kirche genehmigen. Dafür musste er außer seinem Diplom seine Ziele für die Kirche darlegen. Er nannte: die Heilung von Kranken durch Gebet und die Unterstützung bei Schwierigkeiten wie Eheproblemen, drohendem Arbeitsplatzverlust und ähnlichen Widernissen durch die Anrufung der Hilfe des Herrn.
Damit war alles bereitet, Gombila ließ das kleine Kirchengebäude neben seinem Wohnhaus errichten. Um sich das Bauwerk leisten zu können, habe er Gläubige um Spenden gebeten, aber beispielsweise auch sein Moped verkauft. Während einige Kirchengründer in Afrika geradezu märchenhaft reich werden, sei die Sache für ihn ein Verlustgeschäft, betont Gombila. Die Gemeindemitglieder müssten ihm zwar den 10. Teil ihres Einkommens zahlen, wie es die Bibel vorschreibt, "aber die meisten verdienen so wenig, dass dadurch fast nichts zusammenkommt". Um seine Kirche finanzieren zu können, handele er nebenbei immer noch ein bisschen mit Fleisch, und seine Rente beziehe er ja auch.
Pünktlich um 8.30 Uhr macht er den Auftakt zum ersten Gebet, Minuten später beten alle durcheinander: lautstark, flehend, voller Nachdruck. Wenig später geht die Musik richtig los, aus dem anfänglichen Wippen mit den Hüften wird bald ein weit ausholender Hüftschwung, die Gläubigen tanzen im Kreis, immer schneller, immer frenetischer.
"Papa Henri" bleibt währenddessen auf seinem Ehrenplatz hinter dem Rednerpult sitzen, wischt sich nur bisweilen den Schweiß von der Stirn. Gegen die Hitze, die sich im Laufe des zweieinhalbstündigen Gottesdienstes unter dem Wellblechdach aufbaut, kommen auch die acht Ventilatoren nicht an, die unter der Decke kreisen. Der Lebens- und Bewegungslust der Gemeindemitglieder tut das keinen Abbruch, auf den strahlenden Gesichtern stehen die Tropfen.
Gepredigt wird gegen Ende auch noch, die Botschaft den Gläubigen geradezu eingehämmert: "Sucht das Königreich Gottes, dann wird Gott euch alles weitere geben." In einem Land, das zu den ärmsten der Welt gehört, ein willkommenes Versprechen.