Ronja von Rönne im Interview
"Die Depression hat nicht gewonnen"
Die Depression kommt und geht, die Medikamente helfen. Die Schriftstellerin Ronja von Rönne über gute und schlechte Momente und was ihr Kraft gibt
Ronja von Rönne
Dirk von Nayhauß
Dirk von Nayhauß
Aktualisiert am 21.08.2024
3Min

In welchen Momenten fühlen Sie sich lebendig?

Wenn ich in kaltes Wasser springe. Im Februar war ich für die neue ARTE-Sendung "unhappy" morgens um fünf in München schwimmen, es war finster, angenehm war das erst mal nicht. Man ist oft nicht besonders lebendig, wenn man sich in seinem Kopf befindet, deswegen hilft alles, was mit Körperlichkeit zu tun hat, egal, ob man in den Chiemsee springt, tanzt oder Sex hat. Oder albern sein! Albernheit ist generell unterschätzt. Ich weiß noch, wenn ich in der Schule nicht lachen durfte, aber sehr viel gelacht habe, da fühlte ich mich sehr lebendig – auch wenn ich danach vorm Klassenzimmer warten musste.

Wie wäre ein Leben ohne Trotz und Rebellion?

Trotzig sind Iranerinnen, die ihre Kopftücher ab­legen, das kann Revolutionen möglich machen. Trotz kann aber auch gefährlich sein, wenn man die Augen vor der Wirklich­keit verschließt – wie Impfgegner oder ­Menschen, die den Klimawandel nicht wahrhaben ­wollen. Dann ist der Trotz nicht mehr Fortschrittsmotor, sondern Bremse. Trotz ist aber das, was den Menschen mit ausmacht. Dieser Impuls: Ich lasse mich nicht in die Knie zwingen! Das große Wagnis besteht ja darin, dass man etwas behauptet, ohne zu wissen, ob man recht hat. Aber wer nichts sagt, ist feige, bleibt stehen, und ich fürchte weniges so sehr wie den Stillstand, ich scheitere lieber.

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Es ist wahr, Menschen sterben mit und ohne Religion. Unsere Erde ist ca. 4,5 Milliarden Jahre alt und rechnerisch sind wir gerade 2 Sekunden auf der Eerde. Warum also große Sorgen machen, die kurze Zeit des Lebens genießen und wissen, auch ohne einen Gott ist ein göttliches Leben möglich.

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Schon bei Hiob steht geschrieben, "wie ist es nur möglich, das es den Gottlosen auch nicht besser oder schlechter geht wie den Gläubigen und die
Rute Gottes ist nicht über ihnen?"
Ich besuchte in meinen jungen Jahren ein kirchliches Gymnasium. Von meinen 40 Mitschülern sind nur noch 9 auf der Erden. Ich überstand zwei Schlaganfälle, war halbseitig gelähmt, bin jetzt wieder putzmunter. Ich stehle nicht, ich töte nicht und ich bete nicht. Was muss ich da noch fürchten?
Und das Wort Depresssion kenne ich zwar, aber einer Depression bin ich immer ausgewichen. Denn ich bin mein eigener Gott!

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Das Interview mit Ronja von Rönne habe ich verschlungen. Sie sagt sehr gute Dinge, z. B. das Körperlichkeit dabei hilft, sich lebendig zu fühlen. Ich gehe gern körperlich an Grenzen, weil ich mich dann besonders lebendig fühle. Z. B. mit Sport, langen Wanderungen oder Fallschirmspringen. Man kommt so auch wieder auf den Boden zurück, wenn man zu "verkopft" ist, wie ich. Aber ich finde nicht, dass man den Tod fürchten sollte, wie Frau von Rönne meint. Man wird geboren, man lebt und man stirbt. Das ist ein ganz natürlicher Kreislauf. Der Tod gehört zum Leben dazu und steht am Ende. Ich muss den Tod nicht fürchten, sondern vielleicht den Sterbeprozess an sich, dass der nicht so "angenehm" verlaufen könnte. Und Zuversicht als Traum, den Frau von Rönne sich gern erfüllen möchte, kann man erreichen, wenn man daran arbeitet. Ich habe es geschafft, für mich selbst Zuversicht zu haben. Aber eben nur bezogen auf mein eigenes kleines Leben. Ich bin nicht zuversichtig, was die Menschheit und ihre Zukunft angeht. Das Erstere reicht mir. Alles andere kann ich nicht steuern.

Viele Grüße aus Hamburg-Altona!

Steffie Haddenga

Zuversicht für sich selbst erarbeiten, lange Wanderungen , Sport und Fallschimspringen. Letzteres erfordert viel Zuversicht. Ich habe meine Interessen aufs Fotografieren gelegt, sehr göttlich, denn wenn ich unterwegs bin, bleiben wildfremde Frauen vor mir stehen und fragen mich, was ich gerade fotografiere. Selbst Tiere stellen sich in Positur, als ob sie wüssten, um was es geht. Daher ist das Leben auch da schon lebenswert und wenn einem das Essen und Trinken noch schmeckt, ist die Welt doch in Ordnung. Auf ein priesterliches Wort vom schönen Leben nach dem Tode kann ich daher getrost verzichten, denn das Leben im Diesseits ist doch gar nicht so schlecht, gelle?