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Versöhnungsgemeinde in der KZ-Gedenkstätte Dachau, Sonntag, 11 Uhr: Der Januarwind bläst kalt über das Gelände. Ein unförmiger Betonbau ragt aus dem Boden. Stufen führen hinab, verengen sich unter einer Betondecke. Durch einen Ritz fällt Tageslicht, Gott sei Dank. Die Kirche ist zu kalt für den Gottesdienst, daher versammelt man sich gegenüber im warmen Gesprächsraum mit dem farbenfrohen Deckenmosaik. Neben dem Metallkreuz auf dem Altartisch eine weiße Rose.
Orgelklang tönt aus dem Keyboard: "O Jesu Christe, wahres Licht." Freundlich begrüßt Pfarrerin Ursula Wich die 25 Versammelten. Sie wundert sich, dass es so voll ist. "Hilf uns, auf Kinder und Jugendliche zu hören, ihre Ängste und Mahnungen ernst zu nehmen", betet sie. Schade, dass die Konfirmandinnen nichts sagen, sondern nur der Geschichte vom zwölfjährigen Jesus, der im Tempel mit Theologen diskutiert, lauschen dürfen. Dann das Glaubensbekenntnis von Dietrich Bonhoeffer: "Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will." Komisch, niemand erhebt sich.
Uwe Birnstein
Die Predigt kreist um Sätze des Propheten Jesaja: "Der Herr hat mich gesandt, . . . die zerbrochenen Herzen zu verbinden , . . . einen Tag der Rache unseres Gottes zu verkünden . . . Er hat mir die Kleider des Heils angezogen." Jesajas Botschaft der Befreiung würde auch ein Pfarrer, eine Pfarrerin den Menschen so weitersagen, "die so oft innerlich geknickt vor einem sitzen". Geknickt sehen die Menschen hier eigentlich nicht aus. Um die "Kleider des Heils" geht es dann. Wie die KZ-Häftlinge sich wohl gefühlt haben bei der "Einkleidung"? Die Pfarrerin hält das alte Taufkleid ihrer Familie hoch, ein "Heilskleidchen", Symbol für eine "Menschenwürde, die selbst die hässlichste Häftlingskleidung nicht auslöschen kann". Rasch wechselt das Thema: Was Jesaja wohl mit dem "Tag der Rache unseres Gottes" gemeint haben könnte? Vielleicht sei es die "beste Rache gegenüber Hitler und allen Neonazis, dass jüdisches Leben wächst, blüht und gedeiht".
. . . auch zum Segen bleiben alle sitzen
Das Abendmahl wird durch die Reihen gereicht, jeder gibt Brot und Wein mit Segensworten weiter: "Verleihe uns, o Herr, dass die Zungen, die dein Lob gesungen haben, hinfort die Wahrheit bezeugen." Auch zum Segen bleiben alle sitzen: "Gott schenke dir wachsendes Vertrauen mitten in den Widersprüchlichkeiten unseres Lebens!" Amen. Jemand schiebt einen Wagen mit Getränken und Keksen rein. Schön, endlich mal zu stehen.
Evangelische Versöhnungskirche
in der KZ-Gedenkstätte Dachau
Alte Römerstraße 87
85221 Dachau
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