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Christophoruskirche, Berlin-Friedrichshagen, Sonntag, 10 Uhr:
Auf dem Giebelmosaik über dem Eingang der trutzigen Gründerzeitburg kämpft sich Christophorus durch die blauen Wellen des Müggelsees. Schwer hockt das Jesuskind auf seiner Schulter. Der See ist eine Viertelstunde Fußmarsch entfernt und zieht im gutbürgerlichen Südosten Berlins viele Besucher an.
Die meisten Kirchgänger eilen in den Schatten der Emporen. Der Tag wird heiß. Schöne Geste: Im Vorraum steht ein Tisch mit Wasserkaraffen. Die Bankreihen sind an diesem Feriensonntag schütter besetzt. Die Atmosphäre ist fröhlich und familiär. Das Vorspiel des Posaunenchors setzt einen erhebenden, fast triumphalen Akzent.
Die Tauferinnerungen des Pfarrers und einiger Gemeindeglieder ersetzen die Predigt. So fromm wie sie ausfallen, müssen sie fast alle Theologen im Ruhestand sein. Hinterher stellt sich raus: Stimmt. Und weil Friedrichshagen als Künstlerdorf gilt, sieht ein Pastor auch schon mal wie ein Künstler aus. Mit Rasputinbart und Bauernkittel. Zumindest der Schalk, der von seiner Taufe durch den eigenen Vater erzählt. Er habe ihn Gerhard nach Paul Gerhardt und Martin nach Martin Luther genannt. Vermeintlich. Doch eigentlich nach Onkel und Opa. "Durch die Taufe gehört das Kind Gott und ist ganz frei", ruft er, "und dann tanzt die heilige Trinität, und der Getaufte tanzt mit!"
Die Taufe kann Geborgenheit spenden
Pfarrer Böttcher beschwört in der Erinnerung an seinen Paten die Geborgenheit spendende Kraft der Taufe und schließt das Versprechen des Taufbefehls aus Matthäus 28 an: "Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende."
Man möge die Tauferinnerung und den Posaunenklang in die kommende Woche mitnehmen, wünscht Pfarrer Böttcher. Das fällt angesichts des schmissigen Tango-Nachspiels nicht schwer. Applaus der Gemeinde brandet auf. Im Vorraum schenken sich die Leute gegenseitig Gläser voll. Jetzt erstmal ein Leitungswasser des Lebens!