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Also ich träume von einer Wohnung mit Blick aufs Meer, gutem italienischen Essen und Wein und genügend Zeit und Muße zum Lesen und Schreiben. Die Vorstellung, schwitzend anderen schwitzenden Männern hinterherzurennen, um ihnen ein rundes Ding abzujagen und es in einen eckigen Kasten zu treten, löst bei mir keine Sehnsüchte aus. Vielen Jungen und Mädchen geht es da ganz anders.
Einer der größten Träume von Jungen ist es, Profi-Fußballer zu werden. Nun, da auch der Fraußenfußball einen Aufschwung erlebt, träumen auch immer mehr Mädchen davon. Natürlich könnte man dahinter den Traum vom vielen Geld vermuten, das die Fußballstars verdienen – zumindest die männlichen, denn bei den Frauen sind selbst in der ersten Bundesliga viele so schlecht bezahlt, dass sie noch einem anderen Beruf nachgehen.
Geld spielt, wie immer im Leben, sicher eine Rolle. Lionel Messi etwa soll unterschiedlichen Angaben zufolge mindestens 19 Autos besitzen, darunter einen 29 Millionen Euro teuren Ferrari 335 S Spider Scaglietti. Sein Konkurrent um den Titel des GOAT (greatest of all time) Cristiano Ronaldo hat auch ein paar Autos und außerdem 664 Millionen Follower auf Instagram – was ja auch eine Währung ist, die Kinder und Jugendliche heute hoch schätzen. Messi hat nur läppische 506 Millionen Follower.
All das ist natürlich schon cool und ich gebe zu, dass ich Messis spezial Ferrari auch nehmen würde. Mindestens, um ihn zu verkaufen und mit dem Geld eine Wohnung am Meer zu kaufen, um dann … , aber das hatten wir ja schon.
Aber ich denke, Geld alleine ist nicht der Grund dafür, dass so viele Kinder und Jugendliche davon träumen, im Fußball groß rauszukommen. Fußballstars sind moderne Götter, überlebensgroß wie sonst niemand. Das zeigt sich eben auch an den Followerzahlen. Kein Mensch auf der Welt hat mehr als die beiden Oberfußballer. Niemand auf dieser Welt wird von mehr Menschen verehrt.
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Wer wollte es den Kindern und Jugendlichen verdenken, dass sie nach dem Höchsten streben? Im Gegenteil. Wir können uns von Glück schätzen, dass sie den größten aller Träume träumen. Denn sie schließen an eine menschliche Eigenschaft an, die uns sehr weit gebracht hat. Ohne diese Strebsamkeit würden wir noch immer in zugigen Höllen wohnen und könnten von jeder kleinen Erkältung dahingerafft werden.
Die allermeisten dieser Fußball-Träume werden platzen. Ronaldo, Messi & Co. haben ein gottgegebenes Talent. Und selbst für einen Vertrag bei einem deutschen Drittliga-Verein braucht es sehr viel vom Schmiermittel Glück, das sich nicht herstellen lässt. Man muss es geschenkt bekommen.
Nicht weiter schlimm, kann man sagen. So ist das Leben. Dass sie platzen können, gehört zu Träumen eben dazu. Aber traurig ist es trotzdem. Und es bringt uns Eltern ja auch regelmäßig in Verlegenheit. Was soll man dem Kind antworten, wenn es fragt: "Papa, glaubst du, ich schaffe es, Fußball-Profi zu werden?"
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Da bleibt nur Lügen. Dann verstoßen wir zwar gegen das achte göttliche Gebot, aber ich denke, Gott dürfte hier ein Auge zudrücken. Geht es doch um strahlende Kinderaugen und das Gefühl, etwas im Leben erreichen zu können. Zerstöre niemals leichtfertig Träume! Das sollte eine elterliche Grundregel sein. Eigentlich überhaupt eine Grundregel des Lebens. Träume sind zum Träumen da und Kinder, die nicht träumen dürfen, werden mehr als nur ihrer Illusionen beraubt. Sie verlieren den Glauben an die Zukunft.
Sie werden sowieso früh genug auf den Boden der Tatsachen geholt. Und wer weiß, vielleicht entwickelt sich ein Talent auch erst ein bisschen später. Auch wenn kein Profi-Fußballer aus dem Kind wird, steckt im Ehrgeiz, etwas erreichen zu wollen, eine Chance für viele andere Bereiche des Lebens.