Erst karge graue Mondlandschaft, dann die undurchdringliche Dunkelheit des Weltalls und schließlich, klein, rund, in leuchtenden Farben und verletzlich: die Erde. Diesen Anblick aus dem Weltall auf den menschlichen Heimatplaneten hatten Frank Borman, Jim Lovell und William Anders, die Besatzung von Apollo 8, als erste Menschen überhaupt.
Das Foto "Earthrise", das Anders aufnahm und weltweit bekannt wurde, hielt diesen Anblick für alle Menschen fest. Es war Weihnachten, der 24. Dezember 1968, und die Astronauten Frank Borman, Jim Lovell und Anders hatten die Möglichkeit, live von Apollo 8 auf die Erde zu senden. Schätzungsweise eine Milliarde Menschen hörten zu. Anders begann: "Wir sehen nun den Sonnenaufgang auf dem Mond. Die Crew der Apollo 8 hat eine Botschaft für alle Menschen unten auf der Erde, die wir Ihnen senden möchten." Und dann las er vor: "Am Anfang erschuf Gott Himmel und Erde . . ." Die drei Astronauten lasen insgesamt zehn Verse aus dem biblischen Schöpfungsbericht. Den Schluss trug Borman vor: "Gott sah, dass es gut war."
Drei Astronauten, alle Naturwissenschaftler, fliegen ins Weltall, umrunden den Mond und sehen mit eigenen Augen, dass faktisch falsch ist, was der biblische Schöpfungsbericht behauptet: dass die Erde der Mittelpunkt des Weltalls sei. Aber dann lesen sie ihn trotzdem aus der Bibel vor. Wie passt das zusammen?
Der Anblick der Erde vom Weltall aus muss überwältigend gewesen sein. William Anders und der Crew von Apollo 8 blieb nichts anderes übrig, als zu staunen. Es ist ein Wunder, dass es mitten im unendlichen Raum des Alls diesen Lebensraum für uns Menschen gibt. Wie soll man das verstehen; warum sind wir hier und warum sieht die Erde auch noch so schön aus? Wundern, staunen und Fragen stellen, auf die es keine Antwort gibt: Das ist eine ganz einfache Beschreibung von religiös sein.
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