Großspenden
Eine Stiftung gründen - oder besser nicht?
Man muss keine Million haben, um eine Stiftung zu gründen. Man könnte auch erstmal üben mit durchdachten Großspenden. Oder eine Zustiftung machen? Diese Fragen und Antworten helfen bei der Entscheidung
Moritz Wienert
Tim Wegner
25.07.2024
5Min

Wieso überhaupt eine Stiftung gründen?

Es ist ein ganzes Motivbündel, das Menschen dazu bewegt, eine Stiftung zu gründen. Häufigstes Motiv derer, die bereits gegründet haben: "Ich wollte etwas bewegen." Das sagten 75 Prozent der Befragten in der "Stiftungsstudie" von 2015 . Mit 69 Prozent sagten fast genau so viele (man konnte mehrere Antworten geben): "Ich wollte der Gesellschaft etwas zurückgeben." Und 49 Prozent wollten Menschen helfen, denen es schlecht geht. 39 Prozent wollten ein konkretes Problem bekämpfen.

Können Sie sich wirklich trennen von Ihrem Geld?

Wer eine Stiftung gründet, trennt sich für immer von seinem/ihrem Vermögen. Sobald eine Stiftung staatlich anerkannt ist, gehört sie nur sich selbst und nicht der stiftenden Person. Anders als eine GmbH oder ein Verein kann sie auch nicht einfach aufgelöst werden. Eine Stiftung bindet das Vermögen.

Welches Geld darf ausgegeben werden?

Die Stiftung darf das Grundstock-Vermögen nicht ausgeben, sondern nur die Erträge aus diesem Vermögen. Die Stiftung legt das Vermögen also an - zum Beispiel in Festgeld, Staatsanleihen, Aktien, Immobilien. Die Erträge daraus, also zum Beispiel die Zinsen, Mieteinnahmen, Dividenden - darf die Stiftung ausgeben für ihren gemeinnützigen Zweck. Also etwa für Kultur, Jugend, Bildung, Demokratieförderung, Menschenrechte, Gesundheit, Armutsminderung....

Lesetipp: Dieser junge Mann spendete 25 000 Euro an Brot für die Welt

Wie viel Geld brauche ich für eine Stiftung?

Es ist gesetzlich nicht festgelegt, wie viel Vermögen man mindestens in eine Stiftung stecken muss. Das Bundesland Hessen erwartet heute zwar für die Anerkennung einer gemeinnützigen Stiftung ein Grundstockvermögen von mindestens 100 000 Euro, aber letztlich kommt es darauf an, ob die Erträge reichen für den angestrebten guten Zweck.

Also doch nicht egal, wie viel Vermögen die Stiftung hat?

Nein, das ist nicht egal, denn je höher das Vermögen, umso höher die Rendite, und nur die Rendite darf die Stiftung für den guten Zweck ausgeben. Man kann das mal beispielhaft durchrechnen. Angenommen, es sind auf Dauer drei Prozent Rendite zu erwirtschaften, dann käme man mit einem Grundstockvermögen von 500 000 Euro auf ein jährliches Budget von 15.000 Euro. Damit könnte man durchaus die umliegenden Kindergärten mit Büchern und besonderem pädagogischem Material ausstatten. Oder auch jedes Jahr drei junge Leute aus der Gemeinde beim Start in Ausbildung oder Studium unterstützen. Beides überschaubare Zwecke. Natürlich ändert man damit nichts wesentlich an der Ungleichheit in Deutschland.

Sind Stiftende alles Millionäre?

Nein, etwa zwei Drittel der deutschen Stifter und Stifterinnen haben weniger als eine Million in ihre Stiftung gesteckt. Wenn sie alles selbst machen und es ihnen noch dazu gelingt, Spenden einzuwerben und Zustiftungen, dann kann das passen.

Super Steuerspar-Modell, oder?

Irrtum, sagt der Bundesverband Deutscher Stiftungen. "Eine gemeinnützige deutsche Stiftung ist kein Steuersparmodell. Das Gemeinwohl gewinnt immer mehr als der Staat weniger an Steuern einnimmt." Natürlich, der Staat verzichtet bis zu einer gewissen Höhe darauf, Steuern auf das Vermögen zu erheben, das jemand in eine gemeinnützige Stiftung steckt. Aber anschließend gehört das Vermögen dann eben auch der Stiftung.

Wer kann mich beraten?

Eine kostenlose Erstberatung gibt es beim Bundesverband Deutscher Stiftungen. Zahlreiche Dienstleister bieten gegen Bezahlung Beratung und Service für angehende Stifter und Stifterinnen.

Stiftung mit meinem Namen - gute Idee?

Der Stiftung den eigenen Namen zu geben, ist natürlich reizvoll, kann aber auch ein Nachteil sein. Nämlich dann, wenn man um Zustiftungen oder Spenden werben muss, damit mehr Geld für den eigentlichen Stiftungszweck ausgegeben werden kann.

Und wenn die Zinsen sinken?

In der langen Niedrigzinsphase der vergangenen Jahre gerieten viele Stiftungen in wirtschaftliche Schieflage: Es blieb in der Folge zu wenig oder gar kein Geld für den eigentlichen Stiftungszweck - etwa für die Förderung von Kindern und Jugendlichen oder für den Denkmalschutz. Was kann man dann tun? Zum Beispiel die Ewigkeitsstiftung in eine sich selbst verzehrende Verbrauchsstiftung umwandeln, die für ihre Zwecke also nicht mehr nur die Erträge ausgibt, sondern gleich das Grundstockvermögen verbraucht. Diese Umwandlung ist einfacher seit der Reform des Stiftungsrechts 2023. Ebenfalls einfacher ist es seitdem, mehrere Stiftungen, die ähnliche Dinge tun, zu verschmelzen.

Lesen Sie hier, wie man den passenden Spendenzweck für sich findet

Vielleicht doch keine eigene Stiftung?

Vielleicht besser wo andocken? Man kann bei vielen bestehenden Stiftungen deren Vermögen durch eine Zustiftung erhöhen. Passende Stiftungen kann man zum Beispiel über diese Stiftungssuche finden. Auch Bürgerstiftungen oder Gemeinschaftsstiftungen mit breitgefächerten Stiftungszwecken sind eine gute Möglichkeit, das eigene Herzensthema zu verwirklichen. Manchmal kann man auch eine Zustiftung mit dem eigenen Namen versehen (so genannte Stiftungsfonds). Auf diese Weise kann man sich viel Verwaltungsaufwand und Gründungskosten ersparen und mit relativ geringem Aufwand gemeinnützige Zwecke verwirklichen.

Wo könnte ich mitmachen?

Man könnte zum Beispiel bei den Organisationen, denen man schon spendend verbunden ist, nachschauen, ob sie auch eine Stiftung unterhalten. Bei den größeren ist das oft der Fall. Bei Brot für die Welt etwa; die dortige Stiftung soll das Schwanken der Spendeneinnahmen abfedern und den wachsenden Bedarf wegen der Klimakrise ausgleichen. Ab einer Zustiftung von 100 000 € kann man einen eigenen Namensfonds errichten, ebenso ein Arbeitsfeld besonders fördern lassen. Auch einige Diakonische Werke, also die sozialen Dienste der evangelischen Kirche, haben in ihrer Region Stiftungen, bei denen man zustiften kann.

Daneben gibt es Gemeinschaftsstiftungen wie etwa die "Bewegungsstiftung" , die soziale Bewegungen im In- und Ausland etwa für Umweltschutz, für Frieden, gegen Rassismus unterstützt. Eine Gemeinschaftsstiftung ist auch "filia. die frauenstiftung", die Projekte von und für Frauen, Mädchen und LBTIQ+ in Mittel- und Osteuropa und Deutschland fördert.

Bei mir daheim die Welt verbessern?

Bürgerstiftungen sind eine feine Sache. Da setzen sich Bürgerinnen und Bürger einer Stadt, einer Region fördernd für das Gemeinwohl vor Ort ein. Auch hier kann man zustiftend mitmischen. Bürgerstiftungen sind politisch unabhängig, sie lehnen auch eine Dominanz einzelner Stifter/Stifterinnen ab. Meist fördern sie ein breites Spektrum im Bereich Kultur, Gewaltprävention, Naturschutz, Integration, Jugend, Denkmalschutz, Ehrenamt und Beteiligung. Bürgerstiftungen sind kein Staatsersatz, aber sie können vernachlässigte Interessen mit Lautstärke deutlich machen, Probleme in neuer Weise angehen und die öffentliche Hand damit unter Zugzwang setzen.

Erstmal üben?

Wer sich noch nicht entscheiden mag, ob eine eigene Stiftung das Richtige ist oder doch eher eine themenbezogene Zustiftung, könnte einem Rat von Ise Bosch folgen, der erfahrenen Förderin von internationalen Graswurzelgruppen für LGBTIQ und Menschenrechte. Sie schlägt vor, die eigene Förderarbeit zunächst für einige Jahre mit durchdachten und planvollen Spenden zu beginnen. Solch planvolles Spenden ist das Gegenteil vom gelegentlichen, zufälligen, eher geringfügigen, nur auf Notappelle reagierenden Spenden. "Danach wissen Sie besser, was Sie wirklich wollen und was funktioniert. Dieses Wissen können Sie dann in eine eigene Stiftung einbringen." So schreibt sie es in ihrem Buch "Besser spenden! Ein Leitfaden für alle, die sich nachhaltig engagieren".

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Stiftungen, die die Weltwirtschaftskrisen überstehen, sind ein riesiger Schwindel, wie alles in dieser nun "freiheitlichen" Welt- und "Werteordnung" von/zu wettbewerbsbedingter Symptomatik.